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Patagonien ist ja eigentlich kein Land, sondern eine grenzüberschreitende Region, der Südzipfel Südamerikas. Normalerweise haben wir die einzelnen Seiten nach Ländern gegliedert, aber hier schien es uns sinnvoller der Region eine Seite zu widmen, da wir immer wieder zwischen Argentinien und Chile wechselten.
Beim Recherchieren sind wir darauf gestossen, dass es tatsächlich einmal den Versuch gegeben hat, das heute chilenische und argentinische Patagonien zu einem eigenständigen Staat zu formen. Hier die Geschichte >LINK<. Wir haben uns erlaubt die damalige Flagge für die Region zu verwenden
San Martin entpuppte sich als quirliges, fast alpin anmutendes Touristenzentrum, wunderschön am Lago Lacar und inmitten einer eindrücklichen Bergwelt gelegen. Auch hier war anfangs Dezember noch nicht sehr viel Betrieb, was sich jedoch in wenigen Wochen total ändern würde.
Schon am ersten Abend löste Edgardo sein Versprechen von Arequipa ein, für uns eine typisch argentinische Parillada aufzutischen, wenn wir ihn besuchen. Für uns noch ungewohnt, für Argentinien jedoch typisch war, dass vor etwa 10 Uhr abends noch niemand ernsthaft an Essen dachte. Wir hatten uns aber viel zu erzählen und der aufkommende Hunger konnte auch mit dem einen oder anderen Bier in Schach gehalten werden. Als das Feuer bereits brannte, gesellten sich zwei weitere Gäste zu uns, Rosana und Marcelo, gute Freunde unserer Gastgeber waren ebenfalls zum Essen eingeladen. Die Grillstelle befand sich nicht etwa im Freien, sondern war in der Küche, ähnlich einem Cheminée, in die Wand eingebaut, und zwar bequem auf Arbeitshöhe. Auch bei Edgardo bewunderten wir die Geduld und die Passion, die er beim Zubereiten des Fleisches an den Tag legte. Jedenfalls genossen wir das zur Perfektion gegarte, aromatische argentinische Rind und die wunderbare Gesellschaft bis spät in die Nacht.
Anderntags waren wir alle Gäste bei Marcelo und Rosana, und auch Marcelo bewies, dass er ein Meister der Parilla ist. Offenbar wurde den Argentiniern das perfekte Zubereiten von Fleisch bereits in die Wiege gelegt. Wir waren je länger je mehr überzeugt, dass Argentinien definitiv nicht das richtige Land für Vegetarier und Blau Kreuz Mitglieder ist.
Den Sonntag verbrachten wir mit Cristina und Edgardo am nahen Lago Melinquina. Bei herrlichem Sonnenschein und warmen Temperaturen sassen wir den ganzen Nachmittag im Schatten der Bäume und vertieften unsere Freundschaft. Wie anstrengend es für uns war, uns den ganzen Tag auf Spanisch zu unterhalten, wurde uns jeweils am Abend bewusst. Obwohl wir die Sprache inzwischen schon recht gut beherrschten, offenbarten sich, vor allem bei tiefergreifenden Themen unsere Mängel noch deutlich. Dank der intensiven Gespräche mit unseren Freunden merkten wir jedoch auch, dass wir in diesen wenigen Tagen grosse Fortschritte erzielten.
Auf der weiteren Strecke nach Süden durchquerte die Ruta 40 ein herrliches Gebiet, geprägt von vielen kleinen und grossen Seen und kristallklaren Flüssen. Leider hatte das Wetter umgeschlagen und die Berge waren oft nebelverhangen und die sonst leuchtenden Frühlingsfarben gedämpft. Wir hatten beschlossen, noch nicht bis Bariloche zu fahren, sondern über den Paso Cardenal Antonio Samoré zurück nach Chile zu wechseln.
An der Grenze wurden wir das erste Mal von einer grösseren Autokolonne überrascht. Trotz der vielen anstehenden Leute und Fahrzeuge ging die Abfertigung aber zügig voran. Nach einer Wartezeit von etwa 45 Min. waren die eigentlichen Formalitäten innert Kürze erledigt. Wie immer hiess es zuerst, den Ausreisestempel bei der Immigration abzuholen und danach den TIP des Autos bei der Aduana abzugeben.
Der Chilenische Grenzposten lag beinahe 40 km hinter der eigentlichen Grenze. Auch dort stauten sich viele Autos, der Ansturm wurde jedoch ebenfalls speditiv abgefertigt. Einreisestempel bei der Immigration und eine neue TIP beim Zoll abholen und das alles auch hier gebührenfrei und ohne Ausfüllen von Formularen. Einzig die übliche Deklaration für die Lebensmittelkontrolle war notwendig, wonach die eigentliche Kontrolle durch den Beamten schnell und eher oberflächlich über die Bühne ging. Natürlich wussten wir inzwischen auch langsam, wie wir dabei am besten wegkamen. Wir hatten immer etwas abzugeben, sei es eine halbe Zwiebel oder eine Banane, freiwillig die mitgeführten Lebensmittel aufzählen, welche sicher keine Probleme machten, so dass der Beamte gar nicht auf die Idee kam, nach weiteren Waren zu fragen.
Kurz nach der Grenze erhielten wir wieder einmal ein nettes Beispiel der Südamerikanischen Grosszügigkeit. Wir fuhren an einer Fabrik vorbei, wo Mineralwasser in Flaschen abgefüllt wurde. Da unser Trinkwassertank beinahe leer war, erkundigten wir uns dort, ob sie uns diesen auffüllen könnten. Einer der Mitarbeiter rief kurzerhand den Chef herbei, damit er sich um uns kümmerte. Selbstverständlich war er bereit, unseren Tank zu füllen und er wies uns an, mit dem Auto über den Rasen direkt zur Abfüllanlage zu fahren. Während über einen Schlauch die 40 Liter in unseren Tank flossen, führten wir eine angeregte Diskussion über die Fabrik, die chilenische Politik und andere Themen. Der Chef erklärte uns nicht ohne Stolz, dass ihr Wasser bereits heute in einige Länder exportiert werde und dass sie auch Europa als Markt gewinnen wollten. Wir versicherten ihm, dass wir nach unserer Rückkehr in die Schweiz das Wasser der Puyehué Quelle kaufen würden, wenn wir es im Regal eines Supermarktes entdeckten. Auf Rückfrage von Ueli erklärte uns der Inhaber, dass in der ganzen Abfüllanlage ausser ein paar Manometern keine weiteren Messgeräte installiert seien, sondern alles manuell ablaufe, dies nicht zuletzt, um auch bei Stromausfällen die Kontrolle über die Anlage zu behalten. Zum Schluss wurden wir neben dem Gratiswasser für den Tank noch mit ein paar zusätzlichen Flaschen Mineralwasser beschenkt. Wir bedankten uns für diese Grosszügigkeit und versprachen, ihre Produkte weiter zu empfehlen. Falls jemand wissen will, wer die spendable Firma ist, hier die Internetseite www.aguamineralpuyehue.cl
Das anhaltend schlechte Wetter mit tiefhängenden Wolken und häufig ergiebigen Regengüssen liess uns die ganze Strecke bis zur Küste bei Valdivia durchfahren. Tatsächlich trafen wir dort deutlich bessere Verhältnisse an. Allerdings wurden wir am nächsten Morgen durch Orkanböen aufgeweckt, welche an unserem Camper rüttelten. Wir mussten sogar das Dach schliessen, damit der Wind dieses nicht in Fetzen riss. Gegen Mittag beruhigte sich das Wetter aber zusehends und wir brachen zu einer Erkundungstour über die Halbinsel nordwestlich der Stadt auf. Die von der rumpligen Piste aus sichtbare Pazifikküste bot abwechselnd weite Strände und Steilküsten. In Los Molinos, einem kleinen Ort, der bekannt ist für seine Fischrestaurants, kauften wir bei einem der lokalen Fischer einen Sack voller Muscheln für unser geplantes Nachtessen.
Die bekannte Brauerei Kunstmann, ein von Deutschen Einwanderern gegründetes Unternehmen, lockte mit seinem Angebot an Deutschem Essen und seinen Biertouren viele Besucher an. Das Lokal war entsprechend überfüllt und die Menükarte enthielt wenig wirklich Deutsches, also verzichteten wir auf die geplante kleine Mahlzeit und das Bier.
Einheimische hatten uns davon abgeraten, auf dem Fischmarkt von Valdivia einzukaufen, da offenbar die angebotene Qualität nicht immer die beste war. Der Besuch dort lohnte sich trotzdem, denn nebst einer riesigen Auswahl an Fisch wurde in den Auslagen auch allerlei anderes Meeresgetier feilgeboten. Zudem wurde in einem grossen Teil des Marktes wunderbar frisches Gemüse und Früchte verkauft. Im Wasser vor den Fischständen tummelten sich massige, fette Seelöwen, welche auf ihren Anteil warteten. Nach der Grösse und dem Gewicht der Tiere zu urteilen, musste öfter etwas für sie abfallen.
Mit einer Fähre setzten wir von Niebla nach Coral über und folgten von dort der Küste auf einer gut ausgebauten Teerstrasse. Immer wieder gab die Strecke den Blick frei auf das Meer und die Küste, bis wir nach Chaihuin auf eine schmale Piste abbogen, die landeinwärts führte. Der Fahrweg stieg steil an, um danach wieder ebenso steil bergab zu gehen und wurde mit jedem Kilometer schlechter. An den steilen Stellen wies die Piste tief ausgewaschene Gräben auf, so dass wir bald im Schritttempo und in den Geländegängen fuhren. Dazu kam, dass die Spur durch zugewachsenes Gebüsch immer enger wurde. Nach Hueicolla wurde der Untergrund zwar etwas besser, der Weg blieb aber nach wie vor schmal und zugewachsen. Als Krönung der abenteuerlichen Fahrt wartete vor Erreichen der Strasse nach La Union eine Flussdurchquerung. Das Wasser war zwar höchstens 50cm tief und das kiesige Flussbett bot keine grossen Schwierigkeiten, aber mit einer Breite von gut 50 m war die Durchfahrt doch spektakulär.
Am schönen Strand von Hueicolla stärkten wir uns nach dem Abenteuer mit einem Picknick, bevor wir weiter landeinwärts fuhren. Die Piste war zu Beginn einiges besser, trotzdem mussten wir in steilen Abschnitten auch hier den Allradantrieb zuschalten, denn die lehmige Piste war durch die Regenfälle der vergangenen Tage total aufgeweicht und es hatten sich tiefe Fahrspuren gebildet. In einer Steigung stand uns ein einheimischer Toyota Hilux im Weg, der stecken geblieben war. Die Passagiere waren dabei, Schneeketten zu montieren, um das Gefährt aus dem Schlamm zu bringen. Das konnte ja heiter werden! Die Befürchtungen, in dem steilen Stück ebenfalls hängen zu bleiben, erwies sich zum Glück als unbegründet, denn unser Landcruiser bewältigte die rutschige, tiefe Strecke ohne Probleme, nicht zuletzt auch dank der kürzlich montierten neuen Reifen.
Auf fast tausend Metern über Meer suchten wir uns einen Übernachtungsplatz. Mitten in einem offenen Wald fanden wir einen sonnigen, ebenen Platz auf dem von Moos und Flechten überwachsenen Boden. Wie wir später erfuhren, war der Wald vor ca. 80 Jahren durch einen Waldbrand zerstört worden. Die übrig gebliebenen Stämme der damals betroffenen Bäume ragten nun wie Skelette silbern schimmernd in die Höhe. Der Wind wehte kräftig über die Hochebene und auch die Temperatur war markant gefallen. Dadurch hatten wir Mühe, unserem Coleman Backofen genügend Wärme einzuheizen, um die vorbereitete Moussaka zu backen. Mit etwas Geduld konnten wir unser Nachtessen aber schliesslich geniessen.
Nach einer kalten Nacht mit Temperaturen um den Gefrierpunkt vermochte die Sonne nur zögerlich etwas Wärme zu erzeugen. Unser Übernachtungsplatz lag etwas ausserhalb des Naturreservats. Im kleinen Besucherzentrum erhielten wir interessante Informationen zum Park. Direkt beim Parkplatz starteten wir zu einer Wanderung, welche zu einem der uralten Alerce Bäumen führte. Die Alerce oder Patagonische Zypresse ist eine von nur zwei Baumarten, die im Washingtoner Artenschutzabkommen gelistet sind. Aufgrund ihres sehr gefragten Holzes wurde beinahe der gesamte Bestand dieses nur im Süden von Chile und Argentinien wachsenden Baumes praktisch ausgerottet. Die übrig gebliebenen Alerce stehen unter strengem Schutz. Nach etwa ¾ h Fussmarsch über Stock und Stein erreichten wir den mächtigen Baum. Laut Beschreibung soll er einen Stammdurchmesser von über 4m aufweisen und über 3500 Jahre alt sein. Wir standen beinahe ehrfürchtig vor diesem Methusalem, der wohl einiges zu erzählen wüsste, wenn er sprechen könnte.
Zurück in der Zivilisation fuhren wir nach Frutillar (Erdbeerhausen) am Lago Llanquihue. Wie viele andere Ortschaften in dieser Region war auch Frutillar von Deutschen Einwanderern gegründet worden. Von der ursprünglich deutsch angehauchten Architektur war allerdings, ausser ein paar Häusern mit europäischem Einschlag, nicht mehr viel zu sehen. Was hingegen auffiel, waren zahlreiche Schilder mit Namen von Hotels, Restaurants und Geschäften, die eindeutig deutschen Ursprungs waren. Was die Nachfahren der Einwanderer zu unserem Glück ebenfalls übernommen haben, waren Bäckereien, die feines Brot backen, wovon wir natürlich profitieren mussten.
Am Ostufer des Sees quartierten wir uns in einem Camping direkt am Ufer, mit Blick auf den mächtigen Vulkan Osorno ein. Der Osorno gehört mit seiner typischen Kegelform und der vergletscherten Kuppe zu den schönsten Vulkanen Südamerikas.
Ein Tagesausflug brachte uns in den Nationalpark Vicente Perez Rosales. Wir wollten uns als erstes den Wasserfall Petrohue anschauen. Leider wird dieser, obschon er eigentlich Teil des Nationalparks ist, in erster Linie als gute Einnahmequelle vermarktet. Vor allem ausländische Besucher werden gross zur Kasse gebeten, denn Anstelle von 1000 COP für Einheimische verlangten sie von uns 4000 COP pro Person. Da wir ausserdem bereits für den Parkplatz bezahlt hätten, verzichteten wir auf den Wasserfall.
Am Lago Todos Santos, den wir über eine Piste erreichten, wollten wir eigentlich gern eine Wanderung machen. Laut Informationen vor Ort, sind jedoch weite Teile des Seeufers in Privatbesitz und deshalb nicht zugänglich. Die offiziell ausgeschilderten Wege waren sämtliche one way Wanderungen und der Rücktransport vom Zielort aus schwierig zu organisieren. Auf der Rückfahrt nutzten wir immerhin die Gelegenheit, einen kurzen Spaziergang rund um die am Weg liegende Laguna Verde zu unternehmen.
Der nächste Morgen versprach wettermässig nichts Gutes! Nach zwei sonnigen Tagen, war der Himmel nebelverhangen und es regnete zum Teil kräftig. Erst kurz vor Puerto Montt klarte es auf. In der Stadt selber nutzen wir die Einkaufsmöglichkeiten, um unsere Vorräte aufzustocken, ansonsten gab es nicht viel zu sehen. Im etwas ausserhalb gelegenen Ort Angelmo hingegen besuchten wir den gut sortierten Fischmarkt und genossen in einem der darüber liegenden Restaurants ein feines Mittagessen. Die Portionen waren einmal mehr so gross, dass wir später auf ein Nachtessen verzichten konnten.
Mit einer der vielen Fähren setzten wir in 30 Minuten über auf die Insel Chiloe. Diese ist vor allem bekannt für die vielen aus dem 17. Und 18. Jahrhundert stammenden Holzkirchen, die im Jahr 2000 zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurden. Die Gotteshäuser wurden im Zuge der Christianisierung der Insel durch die Jesuiten und Franziskaner errichtet und bestehen zum grossen Teil aus einheimischem Zypressen- oder Lärchenholz. Die von Landwirtschaft geprägten Gegenden von Chiloe erinnerten uns oft an das Schweizer Mittelland. Auf unserer Fahrt über die Insel besuchten wir einige der malerischen, kleinen Fischerorte, wobei in jedem der Dörfer mindestens eine der Holzkirchen zu bewundern war. Das Wetter war, wie für diese Region nicht unüblich, sehr wechselhaft. Die Wechsel von strömendem Regen zu strahlendem Sonnenschein gingen oft so schnell vonstatten, dass wir einen Schauer im Auto abwarten und kurz danach trockenen Fusses und bei blauem Himmel aussteigen konnten.
Castro, der grösste Ort auf der Insel, wurde 1567 von Spaniern gegründet und ist die drittälteste Stadt Chiles, die seit der Gründung ununterbrochen bewohnt waren. Eine der Sehenswürdigkeiten von Castro sind seine vielfarbigen Palafitos, von Fischern an der Küste errichtete Pfahlbauten. Viele der Häuser waren bei einem Erdbeben und anschliessendem Tsunami 1960 verwüstet worden. Einige der davon nicht betroffenen Palafitos wurden inzwischen liebevoll restauriert und in Herbergen oder Restaurants umgewandelt.
Mit Quellon erreichten wir nicht nur das Südende der Insel, sondern auch das offizielle Ende, oder je nach Sichtweise, den Beginn des Panamerican Highways. Bis wir die Markierungen und Hinweistafeln an der Küste bei Quellon entdeckten, war uns nicht bewusst, dass die Panamericana per Definition „nur“ von Anchorage in Alaska bis zu diesem Punkt auf der Insel Chiloe führte.
Bei unserer Ankunft in Quellon kümmerten wir uns als erstes um die Fährpassage nach Chaiten auf dem Chilenischen Festland und konnten problemlos einen Platz buchen für die nächste Überfahrt, zwei Tage später. Kurz bevor wir auf die Insel fuhren, war die Carretera Austral südlich von Chaiten durch eine gewaltige Schlammlawine unterbrochen worden, was die Weiterfahrt nach Süden verunmöglichte. Zur Überbrückung dieses Unterbruchs war vom Staat eine Bypass Fährverbindung eingerichtet worden. Die Gratistickets für diese Umfahrung konnten wir gleichzeitig mit der Fährpassage buchen und uns so bereits einen Platz für das Weiterkommen sichern.
Wir wurden weiterhin vom Wetterpech verfolgt. Die Fähre erreichte Chaiten gegen Mitternacht bei strömendem Regen. Wir fuhren nur wenige Meter von der Anlegestelle weg und quartierten uns irgendwo am Strand ein. In der Dunkelheit hatten wir keine Ahnung, wo wir gelandet waren, aber wir waren müde und wollten einfach so schnell wie möglich schlafen. Wir erwachten zwischen irgendwelchen Büschen am Strand und die Aussicht war genauso trüb wie am Abend zuvor. Trotzdem fuhren wir auf der Carretera Austral erst mal nach Norden bis zum Fähranleger in Caleta Gonzalo. Das ganze Gebiet bis weit hinter Chaiten gehört zum privaten Naturpark Pumalin. Der unterdessen verstorbene ehemalige Besitzer der Sportbekleidungsmarke The North Face, Douglas Tompkins, hatte vor Jahren begonnen, in Patagonien grosse Landstriche zu kaufen, mit der Absicht, diese in Naturparks umzuwandeln und somit einmalige Landschaften zu schützen. Die von ihm geplanten und gestalteten Einrichtungen boten hervorragende Infrastruktur zum Wandern, Übernachten und Campen, auch für längere Aufenthalte. Aber auch die tollsten Einrichtungen konnten dem schlechten Wetter nichts entgegenhalten. Wir liessen uns jedoch nicht ganz entmutigen und unternahmen eine kleine Wanderung durch den Regenwald, der seinem Namen alle Ehre machte, zu einem Waldstück, wo eine Gruppe mächtiger und uralter Alerces oder Patagonische Zypressen standen. Obwohl der Fussmarsch nur kurz war, reichte es, trotz Regenjacke, bis auf die Unterwäsche nass zu werden.
Der nächste Tag versprach etwas angenehmeres Wetter, also fuhren wir ins Tal des Rio Amarillo, im Ostteil des Parks. Die ganze Vegetation war nach dem vielen Regen üppig grün und unglaublich vielfältig. Vor allem die riesigen, rhabarberähnlichen Nalcas, deren Blätter bis zu 2m Durchmesser aufwiesen, beeindruckten uns mächtig. Am Ende des Tales angelangt, wurden wir vom Blick auf die Gletscherwelt der umliegenden Berge in Bann gezogen. Die Piste, die dorthin führte, sollte jedoch nur mit kleineren Fahrzeugen mit Allradantrieb befahren werden, da einige heftige Steigungen überwunden werden mussten.
Als wir am Nachmittag nach Chaiten zurückkamen, konnten wir seit Tagen wieder einmal ein paar Sonnenstunden am Strand geniessen, was uns die Wartezeit bis zur Abfahrt der Bypassfähre etwas angenehmer machte. Die nächtliche Fahrt der Küste entlang brachte uns nach Puerto Raul Marin.
Die Carretera Austral ist einer der Höhepunkte einer Patagonienreise. Sie führt von Puerto Montt über 1000 km nach Süden bis nach Villa O’Higgins. Grosse Abschnitte der Strecke sind zwar mittlerweile geteert, je weiter gegen Süden man fährt, desto öfter trifft man jedoch nach wie vor auf Naturpisten. Die Carretera Austral ist die einzige Strasse, welche den Süden des chilenischen Patagoniens erschliesst und das noch gar nicht allzu lange. Erst in den 1970er Jahren wurde mit dem Bau von Norden her begonnen und 1994 war die Strecke bis Villa O’Higgins befahrbar.
Die Fähre legte nach sechs Stunden Nachtfahrt morgens um fünf Uhr in Puerto Raul Marin an. Noch war es stockdunkel, weshalb wir uns ganz in der Nähe der Anlegestelle einen ebenen Platz suchten und uns nochmals für ein paar Stunden aufs Ohr legten. Trotz weiterhin trübem Wetter zeigte sich später bei Tageslicht, an welch schönem Ort wir gelandet waren. Wir erblickten weitgehend unberührte Strände und Wälder soweit wir sehen konnten. Auch die Strasse, welche uns bei La Junta zurück auf die Carretera Austral brachte, führte vor allem anfangs durch unberührte Wildnis, während in der Nähe der Hauptroute wieder landwirtschaftlich genutzte Flächen dominierten. Wie wenig erschlossen die Gegend wirklich ist, merkten wir als, wir im Ort ein paar Dinge einkaufen wollten und sogar für normale Vollmilch drei Läden abklappern mussten, um schliesslich die letzten beiden ¼ Liter Packungen kaufen zu können. Nachdem wir kurz vor Chaiten unseren fünften Platten eingefahren hatten, musste der Reifen geflickt werden. Wie bisher überall in Südamerika war auch hier diese Dienstleistung leicht verfügbar und es war offensichtlich, dass die Leute in der Werkstatt diese Arbeit schon öfter ausgeführt hatten. Jedenfalls waren wir innert Kürze wieder auf der Strasse und die Luft hielt.
Entlang dem Meeresarm Puyuhuapi war die Carretera über mehrere Kilometer wegen Bauarbeiten gesperrt. Aber auch hier war kurzerhand eine Umfahrungsfähre eingerichtet worden, auf welcher die Baustelle umschifft werden konnte. Aufgrund der anhaltend starken Regenfälle stürzten von allen Berghängen Wasserfälle herunter und sämtliche Flüsse führten Hochwasser. Auch wenn wir lieber bei Sonnenschein durch diese eindrückliche Landschaft gefahren wären, beeindruckten uns die Wassermassen, die rauschend und tosend über die steilen Felswände stürzten. Sie gaben der Umgebung ein anderes, nicht weniger imposantes Gesicht.
Im schönen und gut eingerichteten Campingplatz Las Torres del Simpson verbrachten wir einen gemütlichen Abend. Nacho, der Besitzer des Platzes lud uns zum Mate Tee ein und erklärte uns gleichzeitig die Geschichte und die Rituale rund um das Mate Trinken. Das allgegenwärtige Standardgetränk der Gauchos und vieler Patagonier ist ein Aufguss aus den kleingeschnittenen Blättern des Mate Strauches und wird traditionell mithilfe der Bombilla, einem Metallröhrchen, aus einer Kalebasse getrunken. Nach den interessanten Ausführungen wurden wir von Nacho und seiner Frau Sandra mit patagonischen Volksliedern und Gitarrenbegleitung unterhalten.
Bei Coyhaique klarte das Wetter endlich auf. Die Stadt ist ein wichtiges Versorgungszentrum für die Leute der Umgebung und bot uns die beste und günstigste Gelegenheit, die Lebensmittel- und Treibstoffvorräte nochmals aufzufüllen, bevor wir den einsamsten Teil der Carretera Austral in Angriff nahmen. Obwohl es inzwischen nicht mehr regnete, hingen die Wolken in den Bergen des Nationalpark Cerro Castillo noch sehr tief und versperrten uns die Aussicht auf die imposanten Gipfel.
Ein Abstecher nach Puerto Ingeniero Ibañez lohnte sich vor allem dank der Wasserfälle des Rio Ibañez, welche durch das hohe Wasservolumen unglaublich beeindruckend waren. Zum Übernachten suchten wir uns einen Platz am Ende der Strasse nach Puerto Levican, direkt am Lago General Carrera, dem grössten See Chiles. Der Wind tobte zwar auch hier gewaltig, aber die Stelle war durch die umliegenden Felsen immerhin etwas geschützt. Für die Rückfahrt zur Ruta 7, der Carretera Austral, hatten wir die Parallelpiste gewählt und es stellte sich heraus, dass diese landschaftlich noch abwechslungsreicher war als die ohnehin schon spektakuläre Hauptstrecke. Durch einen tiefen, engen Canyon, vorbei an mehreren Seen erreichten wir schliesslich die Carretera wieder. Auf dieser fuhren wir ein paar Kilometer zurück, um die Manos de Cerro Castillo, die ganz in der Nähe lagen, zu besichtigen. Unter einem zu Fuss erreichbaren Felsüberhang hatten hier die Tehuelche, Ureinwohner Chiles, vor etwa 8 bis 10 tausend Jahren ihre Handabdrücke auf den Felsen hinterlassen. Zu sehen waren Abbildungen von Kinder- und Erwachsenenhänden, welche in einer Art Spraytechnik als rote und ockerfarbene Umrisse auf den Felsen zu erkennen waren.
Ab Villa Cerro Castillo war die Carretera wieder eine Naturpiste, zu Beginn recht breit, und mit grobem Schotter belegt. Für uns war das Befahren kein Problem, die vielen Velofahrer, welche dieses Abenteuer ebenfalls erleben wollten, hatten jedoch bös zu kämpfen und wir beneideten sie keineswegs. Entlang der Strecke gab es hier kaum mehr Behausungen und wenn, waren es meist verfallene Hütten, die schon lange nicht mehr bewohnt schienen. Kurz vor Puerto Rio Tranquilo trafen wir wieder auf den Lago General Carrera, an dem wir am Morgen aufgebrochen waren.
Von Puerto Rio Tranquilo aus wurden Bootstouren zu den Marmorkathedralen angeboten. Die Fahrt dem Ufer entlang zu den eindrücklichen Felsformationen dauerte eine halbe Stunde. Was uns dort erwartete, war gewaltig – das Wasser hatte im Laufe der Zeit tiefe Höhlen aus den Marmorfelsen geschliffen, einige gross genug, um mit dem Boot hineinzufahren. Die blankgescheuerten Wände leuchteten in allen erdenklichen Blau- und Türkistönen und spiegelten sich im Wasser des Sees. Wir waren mit der Agentur El Condor unterwegs und, Nomen est Omen, tatsächlich sahen wir nach langer Zeit wieder einmal einen Kondor über uns kreisen. Während die Hinfahrt zur Catedral de Marmol noch einigermassen ruhig verlief, gestaltete sich die Rückfahrt in den Hafen als wahre Rock’n Roll Veranstaltung. Der Wind hatte einmal mehr aufgefrischt und das Boot kämpfte sich durch die meterhohen Wellen des Sees. Nicht allzu lange nach unserer Rückkehr ertönten die Sturmsirenen zum Zeichen, dass die Bootstouren wegen zu starkem Wind eingestellt wurden.
Die Piste weiter südwärts führte vorbei an gletscherblauen Seen und kristallklaren Flüssen. Am Rio Baker hatten wir wieder einmal das Glück, einen richtig schönen Stellplatz mit Feuerstelle zu finden und das Wetter liess es zu, dass wir unser Rindsfilet über der Glut braten konnten.
Das Glück mit dem Wetter war allerdings von kurzer Dauer, denn bereits am nächsten Tag verlor sich die Landschaft wieder im tristen Grau. In Cochrane, der letzten grösseren Ortschaft an der Carretera stockten wir nochmals unsere Lebensmittel auf und fuhren danach Richtung Caleta Tortel. Dieser ursprünglich von Holzfällern gegründete Ort, der heute noch hauptsächlich von der Holzindustrie lebt, wurde ohne Strassen angelegt. Eine Zufahrt mit dem Auto ist zwar möglich, innerhalb des Dorfes sind die Wege jedoch alle mit Holzstegen erschlossen. Kilometer lange Stege verbinden die einzelnen Häuser und die wenigen öffentlichen Gebäude, wie Schule, Gesundheitszentrum etc. Mittlerweile stehen einfache Hostals und Restaurants zur Verfügung, um die zunehmende Zahlt der Touristen zu versorgen.
Um weiter nach Süden zu gelangen, mussten wir einmal mehr eine Fähre nutzen, welche uns in einer knappen Stunde nach Rio Bravo brachte. Da die Verbindung Teil des öffentlichen Strassensystems ist, war der Transport kostenlos. Wir übernachteten am Kiesstrand des Rio Bravo, einige Meter vom Fluss entfernt und staunten nicht schlecht als wir am Morgen feststellen mussten, dass unser Auto im Wasser stand. Aufgrund der starken Regenfälle war der Rio Bravo über Nacht etwa einen halben Meter angestiegen und hatte das Ufer überflutet. Auch die weitere Fahrt bis zum Endpunkt der Carretera Austral versank im Regen. Erst in Villa O’Higgins durften wir uns wieder einmal für ein paar Stunden über blauen Himmel freuen.
Wir wunderten uns nicht, dass auch die Rückfahrt mehrheitlich im Starkregen stattfand, das Wetter war einfach nicht auf unserer Seite. Dafür waren wir langsam unterwegs und hatten Zeit, die Umgebung zu beobachten, was dazu führte, dass wir kurz vor Ankunft an der Fähre den Landcruiser von Dela und Mark etwas abseits der Strasse entdeckten. Wir hatten die beiden im Norden Ecuadors kennengelernt und freuten uns, ihnen hier wieder zu begegnen. Es blieb noch genügend Zeit bis zur Abfahrt der Fähre und wir setzten uns für einen Schwatz zu ihnen ins Trockene. Da sie in die gleiche Richtung unterwegs waren wie wir, bestanden gute Chancen, sie weiter im Süden wiederzusehen. Vor Cochrane klarte es endlich auf und wir verbrachten einen sonnigen Nachmittag an der Laguna Esmeralda an einem wunderschönen Stellplatz.
Auch der Patagonia Park ist auf ein Projekt des ehemaligen North Face Besitzers, Douglas Tompkins, zurückzuführen. Neben der Gegend um den Pumalin Park hatte er auch hier grosse Ländereien erstanden und diese in einen Naturpark umgewandelt. In der Nähe des heutigen Besucherzentrums, hatte Tompkins für sich und seine Frau, die auch heute noch zeitweise hier lebt, eine Villa gebaut. Douglas Tompkins selber, der vor einigen Jahren bei einem Kajakunfall ums Leben kam, liegt auf einem kleinen Friedhof unweit der Villa begraben. Auch in dieser Anlage widerspiegelten die Einrichtungen den hohen Qualitätsanspruch Tompkins. Sämtliche Gebäude wie Besucherzentrum, Restaurant, Gästehäuser oder Sanitäranlagen waren aus hochwertigen, natürlichen Materialien gebaut. Leider waren die Planer aus unserer Sicht jedoch keine grossen Campingliebhaber, denn die wahrlich grosszügig angelegten Plätze waren mit Fahrzeugen nicht zugänglich, was wirklich schade war. Ein Rundgang durch die Anlagen machte auch deutlich, dass diese so riesig dimensioniert wurde, dass die Sanitärgebäude in grosser Distanz zu den eingerichteten Zeltplätzen lagen.
Nachdem klar war, dass wir leider einen anderen Übernachtungsplatz suchen mussten, blieb uns immerhin die Möglichkeit, eine schöne Wanderung in der Gegend des Besucherzentrums zu machen, bevor wir Richtung Paso Raballo weiterfuhren. Durch ein schönes Tal führte die Wellblechpiste vorbei an mehreren Seen, an deren Ufer teilweise Flamingos wateten. Ansonsten war die Landschaft, verglichen mit den üppigen, grünen Wäldern entlang der Carretera Austral erstaunlich trocken und karg. Wir hatten geplant, im immer noch zum Parque Patagonia gehörenden Camping Casa Piedra zu übernachten. Auch hier konnten wir jedoch mit dem Auto den eigentlichen Campingplatz nicht nutzen, sondern waren gezwungen, auf einem beengten Parkplatz, ca. zweihundert Meter von den WC Anlagen entfernt, zu stehen. Das hätten wir ohne weiteres in Kauf genommen, da wir auch ohne Infrastruktur auskommen. Als jedoch der Parkranger gegen 22 Uhr vorbeikam und die vollen 16’000 Pesos einkassieren wollte, fanden wir das doch etwas übertrieben und zogen es vor, 1 km weiter in einer Wiese am Fluss zu übernachten.
Da am Morgen das Wetter wesentlich schlechter war und mit bedecktem Himmel und verhangenen Bergen aufwartete, verzichteten auf die geplante Wanderung und fuhren direkt hoch zur Grenze.
Ausreise Chile
Die Grenzstation wurde von einem einzigen, wohl ziemlich einsamen Carabiñero de Chile betrieben. Innert weniger Minuten hatte er unsere Pässe mit dem Ausreisestempel versehen und die TIP fürs Auto gestempelt, uns das Original ausgehändigt und eine Kopie für seine Akten gemacht.
Einreise Argentinien
Nach ein paar Kilometern Fahrt durch Niemandsland erreichten wir an der eigentlichen Landesgrenze den Argentinischen Zollposten. Hier wurde die Abfertigung von einem einzelnen Mann der Gendarmeria Nacional erledigt. Wie zu früheren Zeiten wurden unsere Daten in ein grosses Buch eingetragen, da das Grenzbüro nicht an ein Computersystem angeschlossen war. Anstelle einer neuen Temporären Einfuhrbewilligung verwendete der Beamte einfach das chilenische Dokument, indem er in ein noch freies Feld Einreisedatum und Stempel eintrug. Dafür mussten wir, erstmals an einem argentinischen Grenzübergang, ein kleines Formular ausfüllen, um den Einreisestempel in die Pässe zu bekommen. Die Kontrolle des Autos war innert 10 Sekunden, nach einem kurzen Blick ins Innere, erledigt, ohne weitere Fragen nach Lebensmitteln oder ähnlichem.
Nachdem wir die Grenze passiert hatten, fuhren wir hinunter zum Lago Posadas. Die Gegend wurde nun auf der Ostseite der Anden zunehmend trockener und die Landschaft erinnerte uns oft an den Südwesten der USA oder an Gegenden in Mexico. Im kleinen Ort Lago Posadas suchten wir nach einer Möglichkeit, frisches Fleisch zu kaufen und wurden von Einheimischen zu einem Laden im Dorfzentrum geschickt. Tatsächlich trafen wir auf ein helles, aufgeräumtes Geschäft mit kleiner Fleischtheke. Der Inhaber des Ladens machte uns klar, dass er blind sei und wir ihm ein wenig helfen müssten. Trotz seiner Behinderung war es für ihn kein Problem, für uns aus einem halben Lamm die Schulter fachgerecht herauszulösen, wir mussten ihm lediglich das Gewicht an der Waage ablesen und beim Zahlen die Banknoten identifizieren. Wir waren sehr beeindruckt von der Selbständigkeit dieses Mannes und von der Tatsache, dass er offenbar seinen Kunden volles Vertrauen schenken kann.
Am See angelangt, besuchten wir zuerst den Arco, einen eindrücklichen Steinbogen auf einer kleinen Felseninsel, einige Meter vom Ufer entfernt. Ganz in der Nähe fanden wir schliesslich einen wunderschönen Stellplatz, windgeschützt hinter Felsen und keine zwanzig Meter entfernt von einer herrlichen Bucht mit Sandstrand und Feuerstelle. Vorherige Besucher hatten einen ganzen Stapel Hartholz hinterlassen, so dass wir beschlossen wieder einmal richtig am Feuer zu kochen. Die Glut reichte problemlos aus, um einen Dreikönigskuchen im Gusstopf zu backen, die Lammschulter anstatt als Tajine zuzubereiten, am Stück für zwei Stunden bei schwacher Hitze zu braten und Wasser aus dem See für eine Dusche zu erwärmen. Dazwischen genossen wir den Apéro an diesem herrlichen Ort direkt am Strand, denn dank der Sonne und mit dem Feuer im Rücken war die Temperatur in der windgeschützten Ecke angenehm warm.
Eine landschaftlich wenig eindrückliche Fahrt brachte uns in den Nordteil des Nationalparks Los Glaciares. Im kleinen Ort El Chalten quartierten wir uns auf einem dafür vorgesehenen Parkplatz in der Nähe des Besucherzentrums ein. Neben uns hatten sich bereits vier weitere Schweizer Fahrzeug hier installiert. Unter anderen trafen wir auf Carla und Boris, die ebenfalls in einem Landcruiser unterwegs waren. Wie sich im Gespräch herausstellte, hatten wir die beiden auf einem Weekendausflug ins Appenzellerland vor etwa drei Jahren kennengelernt. Diese erneute Begegnung an einem völlig anderen Ort machte uns einmal mehr bewusst, wie klein die Welt ist.
Etwa 35 km hinter El Chalten besuchten wir den Lago los Desiertos. Während der Fahrt Richtung See war der Himmel noch etwas verhangen und die Berge zeigten sich nur für kurze Momente. Je näher wir unserem Ziel jedoch kamen, desto besser wurde das Wetter und gab den Blick frei auf die gigantische Bergwelt mit ihren mächtigen Gletschern. Auf dem Rückweg spazierten wir zum eindrücklichen Wasserfall Chorillo del Salto, welcher dank der ausgiebigen Regenfälle mit imposanten Wassermassen aufwartete.
Die Wetterprognose für die folgenden Tage war gut, so dass wir zwei Wanderungen einplanten. Der erste Marsch hatte die Laguna Torres zum Ziel, von wo aus wir einen freien Blick auf die Nadel des Cerro Torre hatten. Beim Anblick dieser ringsherum vertikalen Felsnadel fragten wir uns, wie die Bergsteiger es schafften, diese zu besteigen. Für uns unvorstellbar und auch für die Kletterer immer wieder eine grosse Herausforderung. Die Landschaft änderte sich permanent je weiter wir dem Tal folgten, erst kamen wir durch trockene, fast wüstenhafte Umgebung und später verlief der Weg immer mehr durch dichten Südbuchenwald. Über die ehemalige Endmoräne erreichten wir das Ufer der Lagune und standen dem mächtigen Gletscher gegenüber, der auf der anderen Seite bis in den See reichte.
Der nächste Morgen startete wolkenlos und als wir beim Mirador Fitzroy ankamen, verschlug uns der freie Blick auf den Gipfel des Fitzroy beinahe den Atem. Auch für uns bergverwöhnte Schweizer war diese Landschaft mit den eindrücklichen Felszacken mehr als beeindruckend. Dass viele weitere Besucher diese spektakuläre Umgebung ebenfalls bewundern wollten, zeigte sich am regen Verkehr auf den Wanderwegen. Wir begegneten einer grossen Zahl vor allem jüngerer Touristen, die auf mehrtägigen Touren unterwegs waren und zum Teil gigantische Rücksäcke den Berg hoch schleppten.
Nach gut 250 km Fahrt erreichten wir den Südteil des Parque Nacional Los Glaciares. Im Gegensatz zum Nordteil, der kostenlos war, wurden wir als Ausländer hier wieder einmal mit deutlich höheren Eintrittsgebühren als die Einheimischen zur Kasse gebeten. Hauptattraktion in diesem sonst unzugänglichen Sektor war der Gletscher Perito Moreno. Die gewaltigen Eismassen ergiessen sich auf einer Breite von mehreren Kilometern in den Lago Argentina. Die Eiswände mit einer Höhe von 40–70 m fallen senkrecht ins blaugraue Wasser ab. Auf eindrücklichen, auf verschiedenen Niveaus angelegten Metallstegen konnten wir dem Gletscher folgen und ihn aus unterschiedlichen Blickwinkeln bewundern. Immer wieder knallte und krachte es im Eis, ein Anzeichen, dass alles in Bewegung war. Wir hofften, mit etwas Geduld und einer guten Portion Glück, das Kalben des Gletschers beobachten zu können. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit auf eine Stelle, wo immer wieder kleine Eisbrocken in die Tiefe stürzten und die ganzen Eistürme einen eher unstabilen Eindruck machten. Nach mehreren unbedeutenden Abbrüchen krachte es nach etwa einer halben Stunde erneut, wonach ein sicher 20m hoher Eisblock nach vorne kippte, in sich zusammenfiel und ins Wasser stürzte. Ueli war mit der Kamera bereit und konnte das Spektakel in mehreren Bildern festhalten. Nach diesem eindrücklichen Naturschauspiel machten wir uns dem Seeufer entlang auf den Rückweg zum Auto.
Nach gut 250 km Fahrt erreichten wir den Südteil des Parque Nacional Los Glaciares. Im Gegensatz zum Nordteil, der kostenlos war, wurden wir als Ausländer hier wieder einmal mit deutlich höheren Eintrittsgebühren als die Einheimischen zur Kasse gebeten. Hauptattraktion in diesem sonst unzugänglichen Sektor war der Gletscher Perito Moreno. Die gewaltigen Eismassen ergiessen sich auf einer Breite von mehreren Kilometern in den Lago Argentina. Die Eiswände mit einer Höhe von 40–70 m fallen senkrecht ins blaugraue Wasser ab. Auf eindrücklichen, auf verschiedenen Niveaus angelegten Metallstegen konnten wir dem Gletscher folgen und ihn aus unterschiedlichen Blickwinkeln bewundern. Immer wieder knallte und krachte es im Eis, ein Anzeichen, dass alles in Bewegung war. Wir hofften, mit etwas Geduld und einer guten Portion Glück, das Kalben des Gletschers beobachten zu können. Wir richteten unsere Aufmerksamkeit auf eine Stelle, wo immer wieder kleine Eisbrocken in die Tiefe stürzten und die ganzen Eistürme einen eher unstabilen Eindruck machten. Nach mehreren unbedeutenden Abbrüchen krachte es nach etwa einer halben Stunde erneut, wonach ein sicher 20m hoher Eisblock nach vorne kippte, in sich zusammenfiel und ins Wasser stürzte. Ueli war mit der Kamera bereit und konnte das Spektakel in mehreren Bildern festhalten. Nach diesem eindrücklichen Naturschauspiel machten wir uns dem Seeufer entlang auf den Rückweg zum Auto.
Mit etwas Geduld und viel Glück kann man, wie wir, am Perito Moreno Gletscher einen grossen Abbruch erleben. Unten im Video live geschossene Bilder davon
Weiter ging unsere Reise, immer mehr dem südlichsten Punkt entgegen. In Punta Arenas, der grössten Stadt im Süden Chiles, hatten wir noch einmal Gelegenheit gross einzukaufen. Frische Lebensmittel, insbesondere Früchte und Gemüse, waren in kleineren Läden immer weniger verfügbar, waren teuer und durch die langen Transportwege oft von schlechter Qualität. Die grösseren Supermärkte dagegen waren gut sortiert und boten eine grosse Auswahl zu günstigen Preisen.
Um vom Festland auf die Insel Feuerland zu gelangen, mussten wir einmal mehr die Dienste einer Fähre in Anspruch nehmen. Die Überfahrt war erst am nächsten Morgen möglich, also hatten wir genügend Zeit, das Zentrum von Punta Arenas zu erkunden. Die an der Magellanstrasse gelegene Stadt kann mit ihren rund 126'000 Einwohnern als südlichste Grossstadt der Welt bezeichnet werden. Wie in den meisten lateinamerikanischen Städten waren auch hier die wichtigsten und sehenswertesten Gebäude rund um den Zentralplatz angeordnet. Nicht zu übersehen war ausserdem das grosse Denkmal zu Ehren des berühmten Seefahrers Ferdinand Magellan.
Nachdem wir die Nacht direkt am Fährhafen verbracht hatten, konnten wir morgens als Erste am Ticketschalter anstehen, was von Vorteil war, da wir keine Reservation hatten. Zum Glück standen auch hier freie Plätze für spontane Kunden zur Verfügung, so dass wir problemlos mitfahren konnten. Die Überfahrt nach Porvenir dauerte etwa 2h und kostete mit unserem kleinen Fahrzeug etwa 80 CHF.
Porvenir ist der Hauptort im chilenischen Feuerland und gleichzeitig die einzige grössere Siedlung in dieser Region. Die Piste entlang der Magellanstrasse verlief durch eine karge, flache Landschaft. Die ganze Gegend war sehr spärlich besiedelt und wir begegneten kaum anderen Fahrzeugen. Auf Empfehlung hin übernachteten wir am Lago Blanco, einem abgelegenen, recht grossen See, wo wir auf zwei weitere Camper trafen. Leider konnten wir die fantastische Landschaft nicht lange geniessen, denn wie so oft kam gegen Abend ein kräftiger Wind auf und wir mussten uns nach einem Apéro an der Sonne bald in unser Schneckenhaus zurückziehen.
Vom Lago Blanco aus war es nicht mehr weit bis zur Grenze am Paso Bellavista. Auch hier hielt sich der Grenzverkehr im kleinen Rahmen, entsprechend locker und zügig gestaltete sich die Abwicklung der Formalitäten auf beiden Seiten. Die Argentinier führten weder Lebensmittel- noch Fahrzeugkontrolle durch.
Wir quartierten uns für zwei Tage bei Graciela in Rio Grande ein, denn wir brauchten wieder einmal eine warme Dusche und einen Internetanschluss, um uns auf den neusten Stand bezüglich Weltgeschehen zu bringen. Danach nahmen wir die letzte Etappe bis Fin del Mundo, das Ende der Welt, unter die Räder. Ziemlich genau eineinhalb Jahre nachdem wir am nördlichsten Punkt unserer Reise südwärts gestartet waren, hatten wir nun in Ushuaia den südlichsten Punkt erreicht. Die kleine, aber für die Region wichtige Stadt, lebt primär vom Tourismus, und wir hatten erwartet, hier mehrere Reisende wie wir anzutreffen, was nicht der Fall war. Die meisten Besucher kommen per Flugzeug oder mit dem Mietwagen nach Ushuaia, und ein Grossteil der Touristen nutzt die Stadt als Ausgangspunkt für die Antarktis. Auch wir hatten für unser nächstes grosses Abenteuer noch ein paar Dinge zu erledigen, davon aber später.
Bevor wir zu unserer Schiffsreise in die Antarktis aufbrechen konnten, hatten wir noch ein paar Tage Zeit. Diese wollten wir im ausserhalb der Stadt gelegenen Nationalpark Tierra del Fuego verbringen. In Ushuaia selber standen nur Parkplätze zum Übernachten zur Verfügung und wir zogen den Aufenthalt in der Natur vor. Wir richteten uns für 2 Nächte in einem der einfachen Campingplätze im Park ein, wo wir wieder einmal die Gesellschaft einiger anderer Camper genossen. Unsere Nachbarn waren eine Familie aus Cañada de Gomez, mit denen wir uns auf Anhieb gut verstanden und die uns anboten, sie zu besuchen, wenn wir in die Nähe ihrer Heimat kommen. Ausserdem trafen wir bereits zum dritten Mal auf Hanni und Matthias, die mit ihrem Landy Azalai ebenfalls hier Station machten.
Die wunderschöne Landschaft bot mehrere Wandermöglichkeiten, die wir nutzen wollten. Ein kürzerer Weg führte ans offizielle Ende der Ruta 3, welche im 3000 km entfernten Buenos Aires ihren Ausgangspunkt hat. Ein längerer Fussmarsch zog sich dem von einer Vielzahl von Vögeln bevölkerten Meeresarm entlang durch die hier geschützten, südlichsten subantarktischen Wälder. Wir wollten diese Wanderung in umgekehrter Richtung gehen, um am Schluss wieder im Camping zu landen, also mussten wir irgendwie an den Ausgangspunkt gelangen. Wir stellten uns kurzerhand an die Strasse und machten Autostopp. Bereits nach wenigen Minuten wurden wir mitgenommen und staunten nicht schlecht, dass wir bei einem jungen Paar aus der Schweiz mitfahren konnten, das mit einem Mietwagen unterwegs war.
Zurück in Ushuaia, nahmen wir gerne die Einladung von Natalia und Marcelo an, bei ihnen eine warme Dusche zu nehmen. Wir hatten zuvor auf Vermittlung anderer Bekannter per Email Kontakt mit Naty aufgenommen und sie hatte für uns erste Abklärungen getroffen für die Antarktistour. Die beiden wohnten in einem kleinen Appartement in der Stadt, welches keinen Platz für Gäste bot. Da wir unser eigenes Haus dabeihatten, war das kein Problem, wir fanden sogar einen Abstellplatz auf dem benachbarten Grundstück. Ein paar Leute waren dort dabei, das Haus zu renovieren und wir fragten sie, ob sie uns den freien Platz zur Verfügung stellen würden. Dabei erfuhren wir, dass das Gebäude auf dem Grundstück zum neuen Stadtbüro der Regierungspartei des Präsidenten umfunktioniert werden sollte. Wir erhielten ohne Umschweife die Bewilligung, dort zu übernachten und sogar die Zusage, das Auto während unserer Antarktisreise zu parkieren.
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