Antarktis - Januar 2018

Vorbereitung

Wir hatten bereits einige Wochen zuvor angefangen, für eine Reise in die Antarktis zu recherchieren. Dabei stellten wir fest, dass vor allem auf den kürzeren und daher auch günstigeren Routen nur wenige Last-Minute Angebote verfügbar waren. Für die längeren Fahrten, welche auch Falkland und South Georgia einschliessen, gab es mehr freie Plätze. Diese Reisen kosteten allerdings auch als Last-Minute noch gute 10000 USD pro Person und dauerten 19 bis 22 Tage.

Wir hatten uns schliesslich noch unterwegs für die klassische 10-Tages Tour zur Antarctic Peninsula auf der Ocean Atlantic entschieden. Die ganzen Buchungsformalitäten konnten per Email abgewickelt werden, so dass wir, in Ushuaia nur noch die Rechnung begleichen mussten. Die Bezahlung war zum Glück mit der Kreditkarte möglich, nachdem wir in Rücksprache mit der Bank vorübergehend unsere Limite erhöht hatten.  

In Ushuaia gibt es zwei bekannte Reiseagenturen, die auf Last-Minute Angebote spezialisiert sind. Beide bieten dieselben Reisen zu denselben Preisen an und publizieren etwa 10 Tage vor Reisebeginn die entsprechenden Möglichkeiten. Last-Minute Angebote liegen in der Regel um 30 50% unter dem normalen Preis. Wir liessen uns auf ihren Newsletter setzen und wurden so automatisch benachrichtigt, wenn neue Angebote verfügbar waren. Wir haben dabei festgestellt, dass Antarctica Travel die Preise meist etwas früher bekanntgab als Freestyle Travel. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, vor allem bei Angebotsknappheit schneller zu reagieren. Es lohnte sich auf jeden Fall, beide Agenturen zu beobachten.

Kontakt:

Antarctica Travel

San Martin 611

Ushuaia

 

www.antarcticatravel.com

mailto: lorena@antarcticatravel.com

 

Freestyle Adventure  Travel

Gobernador Paz 866

Ushuaia

 

www.freestyleadventuretravel.com

mailto: sarah@freestyleadventuretravel.com


Unsere Reise in die Antarktis


Die Ocean Atlantic wurde 1985 als RoRo Schiff gebaut und war zwischen Japan und Russland unterwegs. Später wurde sie in Russland zum Casino- und Unterhaltungsschiff umgemodelt, was jedoch keinen grossen Erfolg brachte. Der heutige Besitzer ist die dänische Albatros Expedition, welche grosse Erfahrung in Arktis Reisen aufweisen kann. Die Ocean Atlantic wurde 2016 total renoviert und ist nun als komfortables Kreuzfahrtschiff und eistauglicher Polarkreuzer in der Antarktis unterwegs. Die knapp 200 möglichen Passagiere oder in unserem Fall 150 Personen, werden von 150 Crew Mitgliedern betreut, die sich aus Seeleuten, Hotelangestellten und der Expeditionsmannschaft zusammensetzen.

Die antarktische Halbinsel ragt weit aus dem Kontinent hinaus und liegt der Südspitze von Südamerika gegenüber. Diese Lage macht es möglich, die heute angebotenen Expeditionen in die Antarktis zu unternehmen. Sämtliche anderen Landmassen der südlichen Hemisphäre sind sehr viel weiter vom südlichsten Kontinent entfernt, so dass bereits die Anreise über eine Woche in Anspruch nehmen würde. Da die antarktische Halbinsel zudem mit vielen interessanten und sehenswerten Gegenden und einer spannenden Tierwelt aufwarten kann, ist sie Ziel von über 90% aller Expeditionen, die in Ushuaia starten. Daneben existiert auch die Möglichkeit, auf den antarktischen Kontinent zu fliegen und dort an Bord eines Schiffes zu gehen. Diese Reisen werden jedoch vor allem von gut betuchten Leuten mit wenig Zeit gebucht, denn unter 16000 Dollar pro Person sind diese nicht erhältlich. 


Tag 1

Am Nachmittag des ersten Reisetages gingen wir an Bord der Ocean Atlantic. Nach Ticket- und Passkontrolle konnten wir das Hafengelände betreten, wo unser Schiff festgemacht war. Nach dem zügig durchgeführten Check-In wurden wir zu unserer Kabine begleitet und richteten uns für die Reise ein. Obwohl wir die günstigste Kategorie gebucht hatten, war der Raum mit Privatbad und grosszügigen Betten eingerichtet und bot jeden erdenklichen Komfort.

Wir freuten uns, dass Hanni und Matthias die gleiche Reise gebucht hatten und dass sie kurz nach unserer Ankunft ebenfalls an Bord kamen.

Noch vor dem Auslaufen mussten wir uns dem Sicherheitsbriefing unterziehen und eine Evakuierungsübung absolvieren. Vom Deck aus konnten wir beobachten, dass auch auf den anderen Schiffen, die noch im Hafen lagen, dasselbe Prozedere vonstattenging, denn ohne diese Vorbereitungen durfte nicht ausgelaufen werden. Als nächstes wurden die warmen, antarktistauglichen Jacken an die Passagiere verteilt, die als Teil des Pakets am Ende der Reise mitgenommen werden konnten.

Durch den ruhigen Beagle Kanal fuhren wir der Drake Strasse entgegen und genossen unser erstes Nachtessen bei besten nautischen Bedingungen. Erst lange nachdem wir im Bett lagen, wurde die See unruhiger, ein sicheres Zeichen, dass wir nun in den schwierigsten und unruhigsten Gewässern der Welt unterwegs waren. Wir hatten gehört, dass Schiffe, die im Dezember durch die Drake Passage fuhren, mit bis zu 17 m hohen Wellen zu kämpfen hatten. Davon blieben wir zum Glück verschont, trotzdem passierte es, dass unsere Sachen vom Tisch in der Kabine zu Boden geschleudert wurden.


Tag 2

Während der Nacht waren wir in die Drake Passage eingefahren und spürten den zunehmenden Seegang. Trotzdem betonte die Mannschaft, dass wir eine durchaus ruhige Überfahrt erlebten. Das hervorragende Frühstücksbuffet im Restaurant genossen wir mit Hanni und Matthias zusammen, wobei wir uns noch etwas daran gewöhnen mussten, dass wir nicht auf festem Boden unterwegs waren.

Der Tag war ausgefüllt mit Vorträgen. Nach einer Präsentation über Seevögel wurden wir an einer obligatorischen Information der IAATO (International Association of Antarctica Tour Operators) zum Verhalten der Besucher in der Antarktis aufgeklärt. Dabei wurde klar, dass der Aufenthalt in dieser Region sehr stark reglementiert ist und dass wirklich viel dafür getan wird, dass die jährlich etwa 40000 Besucher möglichst wenig Einfluss auf Flora und Fauna haben.

Nach dem anpassen und verstauen der Gummistiefel für die Landgänge besuchten wir die Brücke. Die Technischen Einrichtungen erschienen uns recht altmodisch, diese waren offenbar seit dem Bau des Schiffs nicht erneuert worden. Im Gespräch mit dem russischen Kapitän erfuhren wir interessante Einzelheiten über die Geschichte der Ocean Atlantic.

Nach dem Nachtessen hatten wir Gelegenheit, einen spannenden Film über die im Jahr 1916 in der Antarktis durchgeführte Shackleton Expedition, anzusehen.


Tag 3

Nach dem Frühstück erhielten wir eine weitere obligatorische Einweisung, das Zodiac Briefing. Dabei wurden die Sicherheitsmassnahmen und das Prozedere des Ein- und Aussteigens erläutert. Anschliessend mussten alle Besucher ihre Outdoorkleider und sämtliche Gegenstände, die auf Landgängen mitgetragen werden sollten, zum Inspizieren und Reinigen bringen. Dadurch sollte vor allem sichergestellt werden, dass niemand mit seiner Ausrüstung irgendwelche fremden Samen einschleppt.

Während des Mittagessens erreichten wir die South Shetland Inseln und hatten somit die Drake Passage wohlbehalten und ohne Seekrankheit überstanden. Einen klaren Hinweis darauf, dass Land in der Nähe sein musste, lieferte die zunehmende Zahl von Seevögeln, die das Schiff begleiteten. In einem Vortrag zur Geologie der Antarktis wurde zu unserer grossen Überraschung erklärt, dass in dieser Eiswüste vor Jahrmillionen ein subtropisches Klima geherrscht hatte, was durch Fossilienfunde diverser Saurierarten belegt wurde. Die durchschnittliche Erdtemperatur war damals ca. 20 °C höher als heute! Eine weitere, unerwartete Information war, dass auf diesem Kontinent nach wie vor aktive Vulkane existieren.

Durch die Crew wurden wir zum ersten geplanten Landgang in Yankee Harbor aufgerufen. Dank der ruhig verlaufene Passage hatten wir unser erstes Ziel schneller als geplant erreicht und somit Zeit für einen unplanmässigen Ausflug gewonnen. Zum ersten Mal zeigte sich nun, welch strikte und enge Planung nötig war, um Landgänge mit 150 Personen in möglichst kurzer Zeit zu organisieren. Die Aufteilung der Gäste erfolgte in zwei Grossgruppen, welche nochmals in Untergruppen geteilt wurden, um ein Chaos im Mud Room zu verhindern. Der Mud Room war quasi die Garderobe in der Nähe des Ausstiegs, wo von der Bordkleidung in die warme und wasserfeste Landausrüstung gewechselt wurde.

Um 18 Uhr wurde die erste Zehnergruppe per Zodiac an Land gebracht. Vor Verlassen des Schiffes wurde jeder Gast mittels ID Karte ausgecheckt, so dass die Mannschaft jederzeit wusste, ob jemand an oder von Bord war. Nach einer letzten Kontrolle der Ausrüstung wurden wir durch ein Desinfektionsbad geschleust, um die Stiefel zu desinfizieren. Wir kamen erst mal in den Genuss einer Zodiac Cruise. Vorbei an einer Gruppe Wedell Robben, der häufigsten Robbenart der Antarktis, welche am Strand der geschützten Bucht lagen, kreuzten wir hinüber zu einem mächtigen Gletscher, welchem wir durch die ganze Bucht folgten. Im diffusen Licht des Himmels leuchtete das Blau des Eises besonders eindrücklich.

Bei der anschliessenden Landung am Strand wurden wir noch einmal auf die Verhaltensregeln hingewiesen. Die Organisatoren von Antarktistouren sind sich offensichtlich bewusst, dass einzig durch einen nachhaltigen Schutz nicht nur die Umwelt, sondern auch ihr Geschäft langfristig gesichert werden kann. Zum Beispiel ist es strikte verboten, während des Landgangs auch nur irgendwo zu pinkeln; im Notfall wird der Besucher zum Schiff zurückgebracht. Die Mitglieder des Expeditionsteams waren überall präsent, einerseits um Fragen zu beantworten, andererseits um dafür zu sorgen, dass niemand die temporär installierten Abschrankungen ignorierte oder andere Regeln verletzte. Dank dieser Massnahmen kennen die Tiere keine Scheu vor den Menschen und lassen sich aus nächster Nähe beobachten.

Etwa 4000 Paare der Gentoo und Chinstrap Pinguine nisteten an den Ufern dieser Bucht. Ihre einfachen, aus Steinen errichteten Nester überzogen die Hänge bis hoch hinauf. Die Jungen waren schon vor längerem geschlüpft, hatten schon viel an Grösse zugelegt und waren aufgrund der Färbung nur noch schwer von den Eltern zu unterscheiden. Einzelne Tiere aus der dichtbesiedelten Kolonie watschelten ungeniert zwischen den Besuchern umher und liessen sich von unserer Anwesenheit nicht stören.

Erst nach 20.00h Uhr wurden wir mit dem Schlauchboot zum Schiff zurückgefahren. An Bord wurde das Nachtessen dem neuen Programm angepasst und erst um 20.30h serviert.    


Tag 4

Am Morgen fuhr das Schiff auf spiegelglatter See zwischen den Inseln hindurch, vorbei an blauschimmernden Eisbergen unterschiedlichster Grösse. In Foyn Harbor gingen wir vor Anker und machten uns bereit für eine Zodiac Cruise. Die Fahrt im ruhigen Wasser brachte uns in geschützte, von Gletschern gesäumte Buchten, auf den treibenden Eisschollen lagen Robben und Pinguine flitzten am Boot vorbei. Auch wenn Nebelbänke uns zum Teil den Blick auf die umliegenden, gletscherbedeckten Berge verschloss, waren die Eindrücke einfach spektakulär. Unser Bootsführer brachte uns zum Wrack eines alten Walfängers, welcher nach einem Brandausbruch in die geschützte Bucht geschleppt worden war. Vier Segelboote hatten an dem Wrack festgemacht und die Nacht dort verbracht. Wir erfuhren, dass die Leute, geführt von einem erfahrenen Skipper, seit einem Monat in der Region der Antarktis Halbinsel segelten. Wir spürten die kalten Temperaturen dank unserer guten Ausrüstung und dem zwar bewölkten, aber windstillen Wetter kaum und hätten noch lange unterwegs sein können.

Zurück an Bord wurde eine Präsentation über Wildtierfotografie in der Antarktis angeboten oder es blieb Zeit, sich bis zum Mittagessen zu entspannen. Während wir unser wie immer hervorragendes Essen genossen, lichtete die Mannschaft den Anker und startete die Reise in Richtung Danco Island. Die Passage im ruhigen Gewässer verlief in Sichtdistanz zur Küste, wiederum vorbei an unzähligen Eisbergen und Gletschern.

Bevor wir auf der Insel an Land gingen, war eine weitere Zodiac Tour angesagt. Schon vom Schiff aus hatten wir in der Ferne Wale gesichtet und es dauerte nicht lange, bis drei Buckelwale in der Nähe auftauchten. Nachdem der Bootsführer den Motor abgestellt hatte, um die Wale nicht zu stören, trieben wir immer näher an die mächtigen Tiere heran. Sie bewegten sich wenig, denn sie waren offensichtlich am Ausruhen. Man nennt diesen Zustand auch logging, da sie wie treibende Baumstämme aussehen. Einige Gentoo Pinguine begleiteten uns im ruhigen Wasser und in einiger Distanz schwamm eine Gruppe von Minke Walen, eine relativ kleine Art mit bräunlicher Färbung.

Nach der Landung auf Danco Island erklommen wir den steilen Hügel, an welchem die Pinguine ihre Kolonie eingerichtet hatten. Wir fragten uns, warum die Tiere sich die Mühe machen, so hoch oben zu brüten und den langen, steilen Weg zum Wasser und wieder zurück in Kauf zu nehmen. Die Antwort darauf war einfach und logisch: Die höheren Hügel werden nach dem Winter zuerst schneefrei und für die erfolgreiche Reproduktion der Vögel ist es wichtig, dass sie so früh wie möglich mit dem Brüten beginnen können. Wir konnten beobachten, wie die Eltern mit Futter vom Meer zurückkamen und sich mühsam hinauf zu ihren Jungen bewegten, die bereits hungrig nach Essen bettelten. Auch für uns hatte sich der Aufstieg gelohnt, denn die Aussicht auf die grosse Bucht war gigantisch.


Tag 5

Als erste Gruppe an diesem Morgen landeten wir auf einer kleinen Insel gegenüber der Port Lockroy Station. In einer Bucht lagen mehrere Skelette von Walen und eine grosse Kolonie von Gentoo Pinguinen hatte sich dort eingerichtet. Die Tiere waren sehr zutraulich, sie watschelten ungehindert zwischen uns Besuchern herum und beäugten uns scheinbar neugierig. Auch hier waren die Jungen schon weit entwickelt. Bevor sie jedoch im März ihre ersten Schwimmversuche wagen können, müssen sie ihren flauschigen Kinderflaum durch das wasserdichte Federkleid der Erwachsenen ersetzen.

Wir wurden übergesetzt zur Forschungsstation Port Lockroy. Diese ist nicht mehr in Betrieb, wurde jedoch zu einem Museum ausgebaut, welches einen guten Eindruck über das Leben der damaligen Forscher in dieser unwirtlichen Region vermittelte. Der Naturhafen von Port Lockroy diente ursprünglich als Walfanghafen und später den Engländern als Basis für Militäroperationen im 2. Weltkrieg. 1962 wurde die Forschungsstation aufgegeben und stand leer. Dreissig Jahre später wurde England von den Mitgliedstaaten der Antarctica Treaty vor die Wahl gestellt, die Anlagen zurückzubauen oder aber zu restaurieren. Man entschied, die historischen Gebäude zu erhalten und funktionierte diese zum Museum um, gleichzeitig wurde dort das südlichste Postamt der Erde und ein Souvenirladen eingerichtet. Während der Sommermonate ist die Station besetzt und ein beliebtes Ziel der Antarktis Touristen, die von dort ihre Postkarten abschicken. Die Einnahmen aus dem Laden und dem Postamt finanzieren die Erhaltung des Ortes.

Nach einem beinahe windstillen Vormittag erlebten wir Stunden später im Neumayer Kanal, einem schmalen, von hohen Bergen eingefassten Fjord, einen heftigen Sturm mit Wind bis zu 80 km/h. Dadurch wurde unsere Reise zum Cuverville Island etwas verzögert und als wir dort eintrafen, zerschlugen sich auch die Hoffnungen auf einen Landgang. Noch immer blies der Wind mit bis zu 30 Knoten, also zu stark, um die Sicherheit zu garantieren, sodass wir das erste Mal nicht von Bord konnten.


Tag 6

Noch während des Frühstücks erreichten wir die Paradise Bay, eine von Gletschern gesäumte, gut geschützte Bucht. Trotz leichtem Regen stiegen wir in die Schlauchboote und wurden zur nahe gelegenen, argentinischen Brown Station gefahren. Im Gegensatz zu Port Lockroy handelte es sich dabei um eine nach wie vor in Betrieb stehende Forschungsstation der Argentinier. Die Gebäude selber waren deshalb nicht zugänglich und auch die Besatzung liess sich nicht blicken. Etwas oberhalb der Station stiegen wir über ein steiles Schneefeld nach oben und konnten dann, zum Vergnügen aller, auf dem Hosenboden hinuntersausen. Die allgegenwärtigen Gentoo Pinguine bevölkerten auch in dieser Gegend eine kleinere Kolonie.

Auf der anschliessenden Zodiac Cruise durch die Bucht gab es wieder einiges zu entdecken. In den Felsen beobachten wir eine grössere Kolonie mit Blue Eyed Shags, eine Kormoranart, die ihre Nester auf Felsvorsprüngen angelegt hatten. Die Vögel brüten in der Regel 3 Eier aus und füttern die Jungen mit Fisch und Krabben. Die Jungvögel in den Felsen waren kurz vor dem Flüggewerden und beinahe so gross wie die Eltern. Auf einigen der Eisberge konnten wir Crabeater Seals beim Ausruhen beobachten. Die Nahrung dieser Tiere besteht, anders als ihr Name vermuten lässt, nicht aus Krabben, sondern vorwiegend aus Krill. Ähnlich wie Wale filtern sie das Futter mit ihren speziellen Zähnen aus dem Wasser.

Beim Ausfahren aus der Bucht begegneten wir einem grossen Kreuzfahrer. Die Schiffe dürfen laut Vorschriften mit max. 500 Passagieren unterwegs sein, und bei Landausflügen nicht mehr als 100 aufs Mal von Bord bringen. Daher ist der Aktionsradius dieser Gäste im Gegensatz zu kleineren Booten stark eingeschränkt. Die Passagiere müssen sich meist mit dem Betrachten der imposanten Landschaft begnügen.

Unser Schiff machte sich auf, den südlichsten Punkt unserer Reise zu erreichen. Durch den Lemaire Kanal, einen der landschaftlichen Höhepunkte, musste der Kapitän die Geschwindigkeit reduzieren, denn dieser ist an den schmalsten Stellen nur ca. 1,5 km breit. Der schmale Durchgang war gesäumt von vergletscherten, hohen Bergen, deren Gipfel wir aber leider nicht sehen konnten, die Wolkendecke hing zu tief.

Kaum hatten wir die Schmalstelle hinter, ging das Schiff bei Port Charcot vor Anker. Ziel unserer nächsten Schlauchboottour war eine Bucht namens Iceberg Graveyard. Durch die Meeresströmung werden Eisberge an diesem Ort zu einem Eisbergfriedhof zusammengetrieben, wo sie langsam schmelzen. Mehrere tausend der weiss-blau schimmernden Kolosse in allen erdenklichen Formen hatten sich hier versammelt. Einer davon war von Wind und Wetter zu einer Skulptur mit drei delikaten, hinter einander stehenden Bögen von sicher 20m Höhe geformt worden. Die Umgebung bot Fotosujets ohne Ende. Zu unserer grossen Überraschung wurden wir in einer ruhigen Bucht vom Hotelmanager und seiner Crew erwartet, und mit heisser Schokolade mit Baileys verwöhnt. Danach steuerten wir den nächsten Landeplatz an. Schon von weitem fielen uns die rot und grün leuchtenden Schneefelder auf. Unser Guide erklärte, dass diese Farben durch Schneealgen hervorgerufen wurden und völlig natürlich sind. In verschiedenen Kolonien nisteten hier alle drei Pinguinarten, die in der nördlichen Antarktis vorkommen: die verbreiteten Gentoo oder Eselspinguine, die Chinstrap oder Zügelpinguine und die selteneren Adelie Pinguine. Von den letzteren bekamen wir auch hier nur eine Handvoll zu sehen. Auch die einzigen Seeelefanten, die wir auf unserer Reise zu Gesicht bekamen, lagen in dieser Bucht. Es handelte sich um mehrere Jungtiere, die noch nicht den sonst typischen Rüssel aufwiesen. Obwohl noch nicht ausgewachsen, waren die Tiere mit ihren mehreren hundert Kilogramm Gewicht ganz schön eindrücklich. 


Tag 7

Der Himmel war verhangen und ohne den Schutz der vielen Inseln entlang der Antarktischen Halbinsel rollte das Schiff kräftig. Wir waren bereits am Vorabend gewarnt worden, dass die Fahrt unruhig werden könnte.

Da wir erst gegen Mittag bei Deception Island einliefen, konnten wir für einmal ausschlafen und erst gegen neun Uhr zum Frühstück erscheinen. Die ringförmige Bucht auf Deception Island besteht aus den Resten einer versunkenen Caldera mit mehreren Kilometern Durchmesser. Die Gegend ist nach wie vor vulkanisch aktiv, wodurch die Wassertemperatur in der Bucht bis 10°C beträgt. Durch eine max. 400m breite Meerenge konnte sich das Schiff in die fast kreisrunde Bucht hineinmanövrieren. Der Wind blies nach wie vor mit über 40 Knoten, weshalb an eine Landung nicht zu denken war. Das ganze Schiff wurde vom starken Wind immer wieder abgetrieben, so dass der Kapitän entschied, die Bucht wieder zu verlassen.

Unsere Expeditionsleiterin entwickelte kurzentschlossen einen Alternativplan und versprach uns für den späteren Nachmittag einen weiteren Landeversuch an anderer Stelle. Vor dem Anna Point angekommen, heulte der Sturm nach wie vor so stark, dass wir uns auf dem Aussichtsdeck kaum auf den eigenen Beinen halten konnten. Es war offensichtlich, dass bei diesen Bedingungen ein Absetzen der Schlauchboote nicht möglich war. Somit war die letzte Gelegenheit für einen Landgang vertan. Immerhin hatte der Wind die Wolken weggeblasen und die Sonne liess die blendend weissen Gletscher und die dahinter liegenden Berg leuchten. Das Schiff drehte in Richtung Drake Passage und verliess somit den Schutz der antarktischen Inselwelt, was an merklich stärkeren Bewegungen an Bord zu spüren war.

Gegen Abend wurde der sogenannte Polar Plunch abgehalten. Dabei geht es darum, einen Sprung ins eiskalte Wasser des Polarmeers zu wagen. Bei guten Bedingungen findet diese Aktion von einem Strand aus statt, da jedoch die letzten Landgänge gestrichen werden mussten, füllte man den Pool mit frischem Meerwasser, so dass die unentwegten Masochisten doch noch zu ihrer Abkühlung kamen. Wir zogen es vor, uns derweil in der Sauna aufzuheizen.

Der Abend war ausgefüllt mit einem interessanten Vortrag über die Rolle des Menschen in der Antarktis, von den ersten Entdeckern bis zum Beginn des Tourismus. Ab 1820 erkundeten verschiedene Seefahrer den antarktischen Kontinent, danach kamen erste Walfänger ins Gebiet, aber erst Ende 19. und Anfang 20. Jahrhundert fanden erste Expeditionen ins Innere der Antarktis statt. Als erster erreichte 1911 der Norweger Roald Amundsen den Südpol.


Tag 8.

Die Fahrt durch die Drake Passage kann sich als Drake Lake gestalten, wenn ausnahmsweise die See einmal ruhig sein sollte, üblicher zeigt sie sich jedoch als Drake Shake, da beinahe immer mit starkem Wellengang zu rechnen ist. Wie beispielsweise im Dezember 2017 können die Wellen auch mal 17m oder höher sein. Bei solchen Bedingungen kann sich die Küchenmannschaft bestimmt nicht über zu viel Arbeit beklagen. Wir hatten, wie bereits auf der Hinfahrt, das Glück, eher auf dem Drake Lake unterwegs zu sein, kamen also beide Male in den Genuss einer ruhigen Fahrt.

Um die sonst aktionsfreie Rückreise abwechslungsreich zu gestalten, organisierte das aus Wissenschaftlern zusammengesetzte Expeditionsteam weitere interessante Vorträge und Filme zum Thema Antarktis. Wir lernten also auf dieser Reise nicht nur eine unglaublich eindrückliche Gegend kennen, sondern erhielten zudem viele spannende und fundierte Informationen zu allen erdenklichen Themen rund um den weissen Kontinent.

Daneben nutzten wir die Zeit für Gespräche mit anderen Teilnehmern oder zogen uns in die Kabine zurück, um zu lesen, zu schreiben oder Bilder zu bearbeiten. 

Nach dem Nachtessen veranstaltete das Expeditionsteam einen Quizabend. In Gruppen aufgeteilt galt es, 50 Fragen zur Reise zu beantworten. Unsere aus Schweizern bestehende Mannschaft schlug sich wacker und belegte am Schluss den guten vierten Rang.


Tag 9

In der Nacht war es zum Teil recht unruhig gewesen. Unsere Kabine lag in der Nähe des Bugs so dass wir die Wellen gegen den Rumpf schlagen hörten. Die Bullaugen mussten aus Sicherheitsgründen mit dem Panzerdeckel von innen verschlossen bleiben, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass Wellen bis auf diese Höhe schlugen.

Nach dem Frühstück fuhren wir am berühmt berüchtigten Kap Hoorn vorbei. Der Kapitän hatte bei der dort stationierten, chilenischen Zollbesatzung die Bewilligung erhalten, bis auf drei Seemeilen an die Insel heranzufahren. Trotz nebelverhangener Sicht war der Blick auf das umtoste Eiland sehr eindrücklich. Wir konnten uns kaum vorstellen, wie die See hier bei Sturm aussieht, wenn bereits bei ruhigem Wellengang das Wasser derart gegen die Ufer peitscht.

Unten ein Zusammenschnitt einiger Sequenzen von unserem Antarktik Trip


Tag 10

Dank der wiederum ruhigen Überfahrt in der Drake Passage war das Schiff auch diesmal mit einem Zeitvorsprung unterwegs. Da das Zeitfenster für das Anlegen im Hafen von Ushuaia genau eingehalten werden musste, tuckerte die Ocean Atlantic mit Minimalgeschwindigkeit Richtung Beagle Kanal. Wie geplant erreichten wir den Hafen am frühen Morgen. Nach der Verabschiedung von Crew und Mitreisenden waren wir bald von Bord und schleppten unser Gepäck durch die Stadt zum Auto. 



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Kommentare: 2
  • #1

    Karlheinz (Sonntag, 04 Februar 2018 04:04)

    Ein tolles Erlebnis. Gute Bilder und ein lustiges(Pinguin Sequenzen**)Video, bildhafter Text.

  • #2

    Edith (Montag, 05 Februar 2018 18:20)

    Wir haben Ihr Auto in Ushuaia gesehen.
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    Noch schöne Reise und viel Wetterglück!