Westkanada - Juni/Juli 2016

Im “Waterton Lake National Park”

Dieser Nationalpark grenzt direkt an den Glacier Nationalpark auf der US Amerikanischen Seite. Rund um den Waterton Lake reiht sich eine eindrückliche Kulisse von mehreren 2 bis 3 Tausendern. Wie am bekannteren Lake Louise steht auch am Waterton Lake ein imposantes Hotel über dem See, das Prince of Wales. Ansonsten bot der kleine Ort Waterton lediglich die üblichen touristischen Einrichtungen. Auf dem Weg zum Camping sahen wir entlang der Strasse unsere erste Schwarzbärin mit zwei Jungen. Die drei Bären patrouillierten den Hügel über der Strasse und Mama Bär drehte jeden Stein um, auf der Suche nach etwas Fressbarem. Die neugierigen Jungen stellten sich immer wieder auf die Hinterbeine und schauten neugierig zu uns Menschen herunter.  

Wir hatten auch hier nicht viel Glück mit dem Wetter und blieben deshalb nur eine Nacht. Den wunderbaren Red Rock Canyon, der über eine Stichstrasse zu erreichen ist, sollte man aber auf jeden Fall besuchen. Die roten Felsen, welche der Schlucht den Namen gaben, erschienen beinahe unnatürlich und boten wunderbare Fotomotive. Auf der kurzen Wanderung zum Crandell Lake, direkt vom Campground aus, wurden wir so verregnet, dass wir pflotschnass wieder beim Auto ankamen. Auf die ebenfalls geplante Wanderung zum Bertha Lake verzichteten wir, denn auch am nächsten Morgen waren die Berge wolkenverhangen und die nächste Regenfront war im Anzug. Kaum waren wir aus den Bergen rausgefahren, lockerte die Bewölkung auf und die Temperaturen stiegen wieder angenehm.


Auf Alberta’s „Forest Trunk Road“ nordwärts

Von Coleman aus starten wir auf die Forest Trunk Road, eine gut ausgebaute Gravelroad, welche mehrere hundert Kilometer durch Alberta führt. Einige der Regionen waren als Provincial Recreation Areas ausgewiesen, wo immer wieder einfache, aber schöne Campingplätze zu finden waren. Für etwa 17 CAD erhielten wir grosszügig angelegte Stellplätze, in der Regel ein Plumpsklo und ab und zu sogar Wasser. Auch wild übernachten war möglich, oft an herrlichen Orten direkt an einem Bach. An Wochenenden sahen wir Dutzende von Einheimischen sogar mit ihren grossen Wohnwagen und Campern an den schönen Plätzen stehen.

Landschaftlich war diese Strecke reizvoller als auf der weiter östlich durch die Prairie führenden Strasse. Meist verlief die Piste in den Ausläufern der Rockies durch die Wälder. An Wochentagen war allerdings Vorsicht geboten, denn die Strecke wird vor allem von LKW befahren, welche Holz aus den Wäldern abtransportieren.

Nach etwa 80 km auf dieser Strecke bogen wir auf die Forest Road 532 nach Osten ein, um auf die Hauptstrasse zurückzukehren, da wir anderntags nach Calgary in die Stadt fahren mussten. Wir fanden ein wunderschönes Camp etwa 16 km vor Erreichen der Teerstrasse. In der bunten Blumenwiese direkt an einem Bach hatten vor uns wohl schon öfter Leute campiert, denn es waren zwei Feuerstellen eingerichtet. Unsere Nachbarn, eine Kolonie Erdhörnchen, krochen aus ihren Höhlen, verschwanden jedoch bei der kleinsten Bewegung unserseits wieder im Bau.


„Banff National Park“

Bevor wir die beiden Nationalparks erreichten, hatten wir nochmals in einem Provincial Park Camping übernachtet. Einmal mehr wurden wir dort mit einer Dusche von oben empfangen. Das Wetter war, wie schon seit längerer Zeit, immer wieder unbeständig. In der Stadt Banff informierten wir uns über die Möglichkeiten, die sich uns im Park boten. Die Campingsituation war hier zum Glück noch ziemlich entspannt, einzig die mit Hook-Ups ausgerüsteten Stellplätze waren grossenteils ausgebucht, was uns jedoch nicht kümmerte, da wir keinen Strom brauchten.

Auf dem Bow Valley Parkway fuhren wir nordwärts. Obwohl wir uns im Nationalpark befanden, fiel uns auf, dass wir keine Tiere zu Gesicht bekamen wie in den zuvor besuchten Parks. Warum das so war, wurde uns jedoch nicht klar. In Lake Louise Village angekommen, buchten wir erst mal unseren Stellplatz für den Abend und fuhren dann zum Moraine Lake hoch. Der Parkplatz war ziemlich voll und die Besucherzahl entsprechend gross. Oben angelangt, verstanden wir weshalb - die Aussicht über den spiegelglatten, türkisfarbenen See und die dahinter liegenden Berge war einfach phänomenal. Eine kurze Trockenphase reichte, um die obligaten Bilder zu schiessen und die Umgebung zu bestaunen, dann begann es wieder zu regnen.

Nach wenigen Kilometern erreichten wir Lake Louise und hatten bereits die Wanderschuhe geschnürt, als der nächste Regenguss niederging. So schnell wie er gekommen war, war der Spuk allerdings auch wieder vorbei und wir konnten uns auf den Weg machen. Dem See entlang wanderten wir in Richtung Berge und liessen nach und nach einen grossen Teil der anderen Besucher hinter uns. Obwohl die Aussicht auf die Gletscher durch die tiefhängenden Wolken verwehrt war, lohnte sich der Fussmarsch durch die herrlichen Wälder, die immer wieder den Blick auf den See freigaben. Am Wendepunkt unserer Tour begann es erneut zu regnen und trotz Regenjacke waren unsere Hosenbeine innert Kürze klitschnass. Da wir bereits über die Hälfte des Weges zurückgelegt hatten, setzten wir die Wanderung über den High Trail fort und gelangten so zum Mirror Lake. Weitere mögliche Abstecher schenkten wir uns in Anbetracht des Wetters jedoch.


„Jasper National Park“

Anderentags folgten wir dem Icefield Parkway immer Richtung Jasper. Viele schöne Ausblicke in die Bergwelt und kleine Abstecher machten die Fahrt abwechslungsreich. Als plötzlich mehrere Fahrzeuge mit eingeschaltetem Warnblinker an der Strasse standen, ahnten wir schon, dass es was zu sehen gab. Die Attraktion war tatsächlich eine grosse Herde Bighorn Sheep, welche am Strassenrand Salz leckten, das von den Schneeräumungen zurückgeblieben war.

Beim Columbia Icefield angekommen, waren wir ziemlich schockiert zu sehen, wie sich der Athabasca Gletscher über die Jahre zurückgebildet hatte. Markierungen auf dem Weg zum Eisfeld zeigten auf, wie weit der Gletscher in welchem Jahr reichte und wie wenig davon übriggeblieben war. Als wir beide vor über 30 Jahren den Ort bereits einmal besucht hatten, reichte das Eis noch bis fast zur Strasse, während jetzt ein Fussmarsch von einer halben Stunde nötig war, um den Rand des Gletschers zu erreichen.

Trotz dem Rückgang der Eisflächen konnten wir auf der Weiterfahrt weitere, bis tief ins Tal reichende Gletscher bestaunen. Wir folgten dem Hochtal, welches immer breiter und der darin fliessende Athabasca River immer mächtiger wurde. Ein weiterer Abstecher führte uns tief in ein Seitental bis zum Angel Gletscher, der in einer wilden Berglandschaft, ähnlich wie die hochalpinen Gegenden in der Schweiz, lag. Auf dem Gletschersee schwammen noch zahlreiche Eisberge, die mit vielen Blumen übersäten Wiesen zeigten aber deutlich, dass der Frühling auch hier Einzug gehalten hatte.

Den nächsten Tag begannen wir mit einer Fahrt zum Maligne Lake. Wir starteten früh, was sich auszahlte, denn wir erreichten den See bevor die grosse Masse der Besucher eintraf und wir konnten unsere kleine Wanderung gerade noch trockenen Fusses beenden, bevor erneut Regen einsetzte. Der Maligne River zwang sich im unteren Teil des Tals durch einen engen Canyon. Die markierten Wanderwege erschlossen diese Schlucht auf beiden Seiten, und waren durch eine Brücke verbunden, sodass eine Rundtour möglich war. Immer wieder hatten wir Einblicke in die tiefen Gräben und Risse, die der Fluss geformt hatte, während das Wasser selber oft nicht sichtbar, sondern nur dessen Rauschen und Donnern tief unten zu hören war.

Da sich das Wetter nicht wirklich besserte, beschlossen wir, zu den Miette Hotsprings zu fahren und dort ein heisses Bad zu geniessen. Im herrlichen, 40° warmen Wasser konnte uns der Regen für einmal egal sein.


Freunde und Vollservice

Wir hatten eine Einladung von Uelis Arbeitskollegen Steve und seiner Familie erhalten, sie in Edmonton zu besuchen. Unser Zeitplan passte optimal auf ein Wochenende, sodass auch sie Zeit hatten, die Tage zusammen zu geniessen. William, der Sohn von Steve, spielt Fussball und Ball Hockey, eine Art Unihockey, das mit Icehockey Stöcken gespielt wird. Freitagabends begleiteten wir die Familie zu einem Freundschaftsspiel zwischen den Trainern und den Jungs und zum anschliessenden Pizzaessen im Park. Da die Trainer zu wenige Spieler hatten, um eine Mannschaft zu bilden, wurden auch deren Frauen und schliesslich sogar Ueli ins Team integriert. Trotz engagiertem Kicken auf beiden Seiten musste am Ende ein Penaltyschiessen über den Sieg entscheiden. Wir genossen die Gesellschaft der Jungen und ihrer Eltern und waren froh, einmal nicht selber für Unterhaltung sorgen zu müssen.

Samstagvormittag war Service Zeit. Myrta putzte das Auto innen komplett und wusch parallel unsere Wäsche, während Ueli mit Hilfe von Steve Steinschlagschütze für Scheinwerfer und Frontscheibe installierte, welche das Risiko eines Schadens auf den kommenden Pisten zu minimieren sollten. Am Nachmittag war für William ein Ball Hockey Spiel angesagt, bei welchem es um den Einzug in den Final am Sonntag ging. Wir feuerten die Mannschaft zusammen mit der Familie tatkräftig an und Williams Team gewann überlegen mit 7:0. Auch dieser Tag verflog dadurch in Nu und es wurde spät bis wir zu Hause waren, so dass wir beschlossen, anstatt das von uns angebotene Nachtessen zu kochen, ein BBQ im Garten zu veranstalten. Bei herrlich warmen Temperaturen und angeregten Gesprächen mit unseren Gastgebern liessen wir den Tag ausklingen.

Den Sonntag liessen wir ruhig angehen. Erst nachmittags, als unsere Gastgeber mit William zum Finalspiel gingen, machten wir uns an die Arbeit, um das verschobene Nachtessen zu kochen. Wir bereiteten einen griechischen Salat, eine Moussaka und ein feines Himbeerdessert vor. Der ganzen Familie schmeckte unser Menü und sie genossen es, einmal nicht selber kochen zu müssen. Mit einer Flasche Rotwein und vielen Anekdoten und Geschichten endete auch dieser warme Abend auf der Terrasse.

Nachdem wir am nächsten Tag Caroline zum Geburtstag gratuliert hatten, verabschiedeten wir uns von ihr und William und fuhren in die Stadt. Wir wollten jemanden finden, der uns mit den bei kaltem Wetter immer wieder aufgetretenen Startproblemen weiterhelfen konnte. Bei 4wheelauto wurden wir vom Chef persönlich empfangen. Er hörte sich unser Anliegen an und gab sehr kompetent Auskunft über die möglichen Lösungen des Problems. Sein Mechaniker kümmerte sich umgehend um unser Auto und stellte nach kurzer Zeit fest, dass der Umgebungstemperatursensor defekt war. Zu meiner grossen Überraschung hatten sie sogar das nötige Ersatzteil an Lager und eine Stunde später waren wir wieder unterwegs. Wir können diese Firma guten Gewissens weiterempfehlen, denn die Leute kennen sich hervorragend mit Landcruisern aus, auch mit Modellen, die nie nach Canada importiert wurden, und verfügen auch über ein entsprechend grosses Ersatzteillager. 

Als nächstes fuhren wir zum Büro von Endress + Hauser, dem ehemaligen Arbeitgeber von Ueli, um uns von Steve zu verabschieden und eine Betriebsbesichtigung zu erhalten. Die grosszügig eingerichteten Gebäude waren erst kurz zuvor fertiggestellt und bezogen worden. Die zum Betrieb gehörende Trainingsanlage befand sich sogar noch im Bau und es würde noch einige Zeit dauern, bis sie fertiggestellt war.

Die Wetterprognose für die folgenden Tage sah recht gut aus, weshalb wir beschlossen, uns wieder auf den Weg nach Norden zu machen. Zuvor wollten nochmals unsere Vorräte aufstocken, denn je weiter wir nach Norden kommen würden, desto bescheidener und teurer wurde das Angebot. Bei herrlichem Sonnenschein fuhren wir auf derselben Strecke zurück, auf der wir nach Edmonton gekommen waren. Das schöne Wetter gab der Landschaft nun ein ganz anderes Aussehen. In Hinton drehten wir nordwärts auf den Highway 40, welcher landschaftlich mehr zu bieten hatte als die kürzeste Strecke zwischen Edmonton und Grande Prairie


Auf dem Alaska Highway bis Watson Lake

Die erste grössere Stadt, die wir in British Columbia erreichten, war Dawson Creek, welche gleichzeitig Ausgangspunkt des Alaska Highway, einer im zweiten Weltkrieg erbauten Militärstrasse, war. Inzwischen wurde diese zwar zu einer guten Teerstrasse ausgebaut, führt jedoch im Norden nach wie vor durch weitgehend unberührte Wildnis.

Natürlich liessen auch wir es uns nicht nehmen, das obligate Bild beim Startschild des Alcan zu schiessen. Vor allem freuten wir uns jedoch über die Swiss Bakery, welche direkt neben dem Visitor Center ihre Backwaren anbot. Eine ausgewanderte Frau aus Gränichen, die das Geschäft seit 16 Jahren führte, empfing uns in breitestem Aargauer Dialekt. Wir konnten der Verlockung nicht widerstehen und deckten uns mit wunderbar knusprigem Brot und Nussgipfeln ein.

Etwas nördlich der Stadt übernachteten wir im Kiskatinaw Provincal Park, wo die einzige noch existierende Holzbrücke des Alaska Highways über den Kiskatinaw River führte. Anderntags folgten wir der Strecke weiter Richtung Fort Nelson. Unterwegs, vor allem in Fort St. John war deutlich zu sehen, dass die Öl- und Gas Industrie in einer tiefen Krise steckte. Überall waren Fahrzeuge und Ausrüstung abgestellt, welche eigentlich auf den umliegenden Ölfeldern im Einsatz sein sollten. Die restliche Strecke bis Fort Nelson war noch geprägt von Landwirtschaft und Einrichtungen der Ölförderer. Danach wurde die Landschaft zunehmend wilder und immer weniger Anzeichen von Zivilisation waren zu sehen. Nach einer langen Tagesetappe übernachteten wir im Tetsa Regional Park, einem sehr schönen und grosszügig angelegten Campingplatz. Unsere Nachbaren waren die Familie Moser aus dem Berner Oberland, welche mit einem Mietcamper die Ferien in Westcanada verbrachten.

Im weiteren Verlauf konnten wir immer wieder Bären an der Strecke beobachten, die sich am frisch gewachsenen Klee gütlich taten. Manche verschwanden als wir anhielten, während andere sich durch unsere Anwesenheit überhaupt nicht stören liessen. Ein letztes Mal überquerten wir den nördlichsten Teil der Rocky Mountains, eine Gegend mit eindrucksvollen Gebirgslandschaften, mächtigen Flüssen und eindrücklichen Seen.

In Liard Hotsprings legten wir unseren nächsten Stopp ein und bekamen, da wir bereits kurz nach Mittag eintrafen, ohne Probleme einen Übernachtungsplatz. Wir hatten so genügend Zeit, das Bad in den heissen Quellen ausgiebig zu geniessen. Während das Wasser beim Austreten aus der Erde mit 52°C noch etwas gar heiss war, kühlte es sich in den wunderschönen und naturnah gestalteten Pools auf angenehme Badetemperatur ab. Nach einem sonnigen Tage kam gegen Abend ein Gewitter auf, welches natürlich genau dann losging, als Ueli die Outdoorküche in Betrieb genommen hatte. Es blieb uns also nichts anderes übrig, als das Nachtessen im Auto fertigzustellen.

Später am Abend, als das Wetter sich beruhigt hatte, schlug Myrta vor, einen Spaziergang durch die Sumpflandschaft unterhalb der Quellen zu unternehmen, in der Hoffnung, dort auf Elche zu treffen. Tatsächlich stand eines der mächtigen Tiere direkt neben dem Holzsteg und liess sich die nahrhaften Wasserpflanzen schmecken. Der Elch liess sich bei seiner Mahlzeit nicht stören, stapfte mit seinen langen Beinen durch die sumpfige Ebene und posierte in nächster Nähe für Fotos.

Auf der Strecke nach Watson Lake bekamen wir manchmal den Eindruck, in einem Safari Park unterwegs zu sein, denn immer wieder waren Bären oder Waldbisons am Strassenrand unterwegs. Eine ganze Herde von gegen dreissig Bisons graste friedlich weiter, als wir anhielten, wobei die Kühe mit Jungen stets wachsam blieben und uns misstrauisch beobachteten. Waldbisons sind verglichen mit ihren Artgenossen aus der Prairie etwas kleiner und weniger massig, was ihnen das Vorwärtskommen in den dichten Wäldern sicher erleichtert.

Watson Lake ist bekannt für seinen Wald aus Ortsschildern und anderen Tafeln, die von den Besuchern aus aller Welt angebracht wurden. Wir versuchten in der riesigen Menge das Schild wieder zu finden, welches Ueli bei seinem ersten Besuch hier aufgehängt hatte, jedoch leider erfolglos. Der Schilderwald wurde 1942 beim Bau des Highways von einem heimwehkranken Soldaten ins Leben gerufen und umfasst mittlerweile über 72000 Tafeln. Während wir uns zwischen den Schildern durchschlängelten, trafen wir überraschend die Familie Moser wieder. Zusammen quartierten wir uns im teuren und zudem hässlichen, aber praktischen RV Park direkt neben dem Visitor Center ein. Da wir eine Dusche brauchten, bevor wir wieder für ein paar Tage in den Busch abtauchten, mussten wir trotz aller negativen Aspekte, diese Gelegenheit nutzen. Wir hatten gehofft, dass wir in Watson Lake zusammen mit der einheimischen Bevölkerung den Canada Day feiern könnten. Wir mussten jedoch enttäuscht feststellen, dass die Veranstaltungen zu diesem Anlass bereits um 11 Uhr morgens starteten und um 15 Uhr bereits alles vorbei war und dass es sich dabei um harmlose Unterhaltung für Familien und Kinder handelte. Es fand weder eine Parade, noch eine Party oder ein Feuerwerk statt. Wir erfuhren, dass die praktisch denkenden Gemeindebehörden das Geld, welches der Staat für das Canada Day Feuerwerk zur Verfügung stellt, erst anlässlich von Halloween ausgibt, da es im Gegensatz zum Juli im November abends dunkel wird und die Leute so mehr vom Spektakel haben. 


Campbell Highway, Silberstädte und Dawson City

Als Alternative zum Alaska Highway bot sich ab Watson Lake der 580 km lange Campbell Highway an. Diese wenig befahrene, über eine gut ausgebaute Schotterpiste führende Strecke verlief durch weitgehend unberührte Wildnis. Die erste Nacht verbrachten wenige Meter von der Strasse entfernt, an einem See. Die Wassernähe und der feuchte Boden brachten es zwar mit sich, dass uns ein Heer von Mücken umschwirrte, die wir jedoch dank Insektenschutzmittel einigermassen auf Distanz halten konnten. Die Piste führte mehrheitlich durch Waldgebiete, so dass wir die Sicht auf die eindrückliche Berglandschaft nur selten geniessen konnten. Dafür war die Strecke durch insgesamt neun Government Campgrounds erschlossen, von denen einer schöner als der andere war. Kurz vor Ross River, einer von zwei kleinen Ortschaften im Bereich der Route, machten wir einen kurzen Abstecher entlang der Canol Road nach Süden bis zum Lapie Canyon. In Jahrmillionen hatte sich hier der Lapie Fluss tief in die Felsen geschnitten und eine eindrückliche Schlucht geformt. Zurück auf der Hauptstrecke hatten wir das Glück, einen seltenen, schwarzen Fuchs aus nächster Nähe zu sehen. Das Tier war am Strassenrand auf Futtersuche und machte auf uns keinen besonders fitten Eindruck, was wohl der Grund war, dass wir ihn überhaupt zu Gesicht bekamen. Ross River, ein verschlafenes Kaff, lag etwa 10km abseits des Campbell Highways und bot kaum etwas, wofür es sich gelohnt hätte, Halt zu machen, ausser dass hier eine der zwei an der Strecke liegenden Tankstellen zu finden war.

Einen nächsten Stopp legten wir in Faro ein, das ebenfalls ein paar Kilometer von der Hauptroute entfernt lag. Laut unseren Informationen, sollten wir hier eine spezielle Art Bergschafe beobachten können. Leider stellte sich aber heraus, dass die Tiere offenbar bereits zu den Sommerweiden gezogen waren. Immerhin bescherte uns der Abstecher eine kleine 4x4 Strecke, welche jedoch über eine nicht sehr Vertrauen erweckende Brücke führte, die uns, da wir kein Risiko eingehen wollte, zur Umkehr bewegte.

Am Little Salmon Lake, woher der See den Namen hat blieb uns unverständlich, denn immerhin war er über 50 km lang und einige Kilometer breit, fanden wir einen wunderschönen Campingplatz direkt am Ufer. Den ganzen Nachmittag über konnten wir dunkle Fronten beobachten, die den Gegenden rund um den See heftige Regengüsse bescherten, während unser Platz trocken blieb. Zu unserer Freude erhielten wir Besuch von einem neugierigen Fuchs und ein Porcupine, eines der hier lebenden, grossen Stachelschweine, spazierte über den Platz. Im See streckte ein Fischotter seinen Kopf aus dem Wasser und erfreute uns mit seinen Schwimmkünsten, bis er zu unserem grossen Vergnügen anfing, mit einer Ente Schabernack zu treiben, indem er immer wieder in deren Nähe auftauchte.

Anderntags wollten wir die verbleibenden Kilometer bis zum Ende des Campbell Highway hinter uns bringen, bogen aber kurz vor dem Zusammentreffen mit dem Klondike Highway auf die Frenchlake Road ab. Diese schmale, zum Teil holprige Piste führte nochmals durch eine Wildnis, welche kaum von Leuten besucht wird. Bei den Five Finger Rapids, einem der grossen Hindernisse für die Goldgräber, welche den Yukon River hinunter navigierten, gelangten wir schliesslich auf die Hauptroute nach Dawson City.

Der Verlauf der Strecke war weiterhin sehr interessant und sehenswert. Wir verliessen die Hauptstrasse aber nochmals, um einen Abstecher nach Keno zu machen. Auch diese Gegend erlebte ihren wirtschaftlichen Höhepunkt Ende des 19. Jahrhunderts, wobei hier nicht Gold- sondern Silbervorkommen der Auslöser waren. Am Five Mile Lake übernachteten wir noch einmal, bevor wir zu die umliegenden Minenstätte aufbrachen. Dieser als relativ warm geltende See zog vor allem die Einheimischen aus dem nahen Mayo an, für uns war er aber definitiv zu kalt zum Baden. Wir begnügten uns mit einer Wanderung rund um den See, welche uns aufzeigte, dass dieser entgegen seinem Namen, bei weitem keine fünf Meilen lang war.

Um nach Keno zu gelangen, wählten wir die weniger befahrene Piste entlang des Duncan Creek. Im Dorf selber war von der einstigen Gier nach Silber nicht mehr viel zu spüren, aber immerhin blieben einige Relikte aus dieser Zeit für die Nachwelt bewahrt. Bevor wir das Mining Museum besuchten, fuhren wir zum Signal Summit hoch, eine  gut 700 m über der Talsohle liegenden Erhebung, welche einen herrlichen Rundblick auf die karge Wildnis und die hohen Berge, aber auch auf die vielen stillgelegten Minen erlaubte.

Nach einer Fahrt von rund 100 km über Stewart Crossing bis kurz vor Dawson City übernachteten wir noch einmal, bevor wir die Goldgräberstadt besuchten. 


Auf dem Dempster Highway zum Polarkreis

Dawson City, das 1896 zu Beginn des Klondike-Goldrausches gegründete Städtchen, war Ende des 19. Jahrhunderts mit rund 40'000 Einwohnern eine der grössten Städte in Nordamerika. Die Goldvorkommen lockten Abenteurer aus aller Welt an, in der Hoffnung, hier reich zu werden. Nicht alle waren jedoch den Strapazen des beschwerlichen Weges zu Fuss über den White Pass oder den Chilkoot Trail gewachsen und nur wenige kamen tatsächlich zu Reichtum. Viele der Gebäude aus der damaligen Zeit wurden inzwischen restauriert und neu erstellte Bauten müssen in der gleichen Art erstellt werden, um das Stadtbild zu erhalten. Dadurch fühlt man sich in Dawson City wirklich in die Tage des Goldrausches zurückversetzt. Wir quartierten uns einfachheitshalber im einzigen Campingplatz im Stadtzentrum ein, der zwar nicht besonders schön, und zudem etwas eng und laut, dafür aber sehr zentral gelegen war.

Um zehn Uhr abends gingen wir, immer noch bei vollem Tageslicht, in die Stadt, zum Casino Diamond Tooth Gerties. Wir hatten allerdings nicht vor, dort Roulette zu spielen, sondern wollten uns die angekündigte Cancan Show ansehen. Dank einer witzig vorgetragenen und authentisch wirkenden Vorführung in der herrlichen Wildwest Ambiance fühlten wir uns wie die Goldgräber aus vergangenen Tagen.

Der Wetterbericht für den übernächsten und die drei folgenden Tage war hervorragend, und wir wollten die Gelegenheit nutzen, auf dem Dempster Highway nach Inuvik zu fahren. Nachdem wir die Einkäufe erledigt und unsere Tanks aufgefüllt hatten, waren wir bereit, die 1500 km hoch und wieder zurück in Angriff zu nehmen.

Von Anfang an war die Landschaft entlang der Piste abwechslungsreich und zunehmend bergiger. Im Tombstone Territorial Park legten wir einen kurzen Zwischenhalt ein, um Informationen einzuholen. Da das vorausgesagte Hoch noch nicht eingetroffen war, beabsichtigten wir, die Gegend auf dem Rückweg bei hoffentlich besserem Wetter zu erkunden. Die Strasse stieg langsam zu einem ersten Pass hoch und die Bäume machten einer offenen Tundra Platz. Trotz schwarzer Regenwolken, die der Landschaft eine dramatische Note verliehen, blieb es trocken. 

Wir fuhren bis zum Engineer Creek Government Campground, welcher sich als Moskito verseuchtes Wäldchen offenbarte. Die Stellplätze waren zwar wie immer schön angelegt, aber kaum zu geniessen, ohne von den Mücken gefressen zu werden. Zudem versank der ganze Platz nach den vorangegangenen Regenfällen in schwarzem Morast.

Auch am nächsten Morgen erwartete uns nicht wie angesagt, blauer Himmel, sondern noch immer wechselnde Bewölkung mit einigen Schauern. Trotzdem genossen wir die schöne Fahrt über das Hochplateau bis nach Eagle Plains, der ersten Versorgungsstation nach 370km, die viele, vor allem Motorradfahrer zum Tanken nutzten. Ein paar Dutzend Kilometer später hatten wir den Polarkreis erreicht. Wolkenverhangen und düster lag die weite Bergwelt vor uns, so dass wir das Erinnerungsfoto an der Markierungstafel für die Rückfahrt aufsparen wollten.

Durch die Richardson Range, dem letzten Gebirge, bevor die Landschaft endgültig flach wird, gelangten wir an die Grenze zu den North West Territories. Eine schwarze Wolkenwand erwartete uns und die beiden Kanadier auf ihren Motorrädern, welche wir dort antrafen. Bald darauf begann es zu schütten und die Sicht wurde durch dichten Nebel erheblich eingeschränkt. Immerhin wusch der Regen den gröbsten Schlamm sofort wieder vom Auto. Wir fuhren bis zur Fähre über den Peel River, um dort herauszufinden, dass diese den Betrieb wegen Hochwassers bis auf weiteres eingestellt hatte. Nebst den vielen im Fluss treibenden Baumstämmen war das Problem, dass das Schiff nicht nahe genug ans Ufer fahren konnte, um die Fahrzeuge zu laden. Wir beschlossen, vorerst einige Kilometer zurückzufahren und dort zu übernachten. Viele Möglichkeiten boten sich allerdings nicht an, so dass wir schliesslich auf einem Kiesplatz zusammen mit einigen abgestellten LKW die Nacht verbrachten. Dunkel wurde es so weit im Norden trotz des bedeckten Himmels nicht mehr.

Während wir beim Frühstücken waren, wurden die Fahrer der Trucks per Shuttle Service zu ihren Fahrzeugen gebracht und machten sich bald danach auf den Weg zu einer Strassenbaustelle. Wir fuhren zur Fähre zurück, um zu erfahren, dass der Wasserpegel über Nacht zwar etwas gesunken war, aber bei weitem nicht genug, um eine Überfahrt möglich zu machen. Offiziell erhielten wir von niemandem eine Prognose, wie lange die Sperrung dauern sollte, es war jedoch von mehreren Tagen die Rede. Solange es im Einzugsgebiet des Peel Rivers immer wieder regnete, würde sich die Situation jedenfalls nicht entspannen. Soviel zum vielversprechenden Wetterbericht, der uns wenige Tage zuvor veranlasst hatte, die Strecke zu fahren. Offensichtlich hielt sich das Wetter nicht an die Prognosen. Wir entschieden uns in Anbetracht der Lage, umzukehren und trösteten uns damit, dass wir immerhin den landschaftlich schönsten Teil der Strecke bei einigermassen guten Verhältnissen hatten geniessen können.

Auf der Rückfahrt durch die Richardson Range war das Wetter überaschenderweise recht freundlich und wir genossen die Aussicht auf die umliegenden Bergketten von unserem Übernachtungsplatz bei einer der Mikrowellenantennen hoch über dem Tal. Noch bevor wir wieder beim Polarkreis eintrafen, kreuzten wir zwei Motorradfahrer, die am Strassenrand hielten. Bei der einen Maschine war die Kette gerissen und der Fahrer hatte weder einen Ersatz noch andere Mittel dabei, um sie zu reparieren. Kein guter Ort für solch eine Panne, rund 450 km von Dawson City und 800 km von Whitehorse entfernt!!

Unser Polarkreis Foto konnten wir nun tatsächlich bei etwas besseren Bedingungen schiessen. Wir wurden den ganzen Tag vom Regen verschont, obwohl sich ringsherum immer wieder schwarze Wolken auftürmten. Gegen Abend fuhren wir wiederum zu einer Antenne hoch, denn wir hatten bereits öfter festgestellt, dass wir auf einer weitegehend vegetationslosen und offenen Anhöhe von den allgegenwärtigen Mücken verschont blieben. Wir genossen einen sonnigen und recht warmen Abend mit einer wunderbaren Aussicht auf die Ogilvie Berge. Wie bereits einige Tage zuvor am Little Salmon Lake konnten wir aus sicherer Distanz zwei Gewitterzellen beobachten, die ihre Ladung Regen abwarfen und uns dabei mit einem wunderbaren Regenbogen erfreuten. Rund um unseren Übernachtungsplatz blitzte und donnerte es und die Berge versanken in den Regenwänden, während wir keinen Tropfen abbekamen.

Der folgende Tag war wiederum von wechselhaftem Wetter geprägt. Meist kamen wir trocken davon, jedoch reichten zwei heftige Schauer, um die Piste innert Kürze in einen morastigen Matsch zu verwandeln und den Camper mit schwarzbraunem Schlamm zuzupflastern. Eigentlich hatten einen Zwischenhalt im Tombstone Park eingeplant, aber als wir dort eintrafen, braute sich bereits das nächste Unwetter zusammen, weshalb wir zähneknirschend darauf verzichteten und direkt nach Dawson City zurückfuhren. Dort erwartete uns wenigstens die Sonne und warme 25 °.



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