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Auf unserer Weiterfahrt
nach Norden hörten wir im Rad vorne rechts immer
wieder metallisch knirschende Geräusche. Eine erste Inspektion liess
vermuten, dass beim Wechseln der Bremsbeläge in San Martin etwas
schiefgelaufen war. Trotz Überprüfen und Einstellen waren die
Geräusche nicht verschwunden und als das
Rad zudem einige Male unerwartet bremste, befürchteten wir einen
grösseren Schaden. In San Rafael
suchten wir deshalb eine Garage auf und der Mechaniker stellte schnell fest, dass sich das äussere Radlager verabschiedet hatte.
Dadurch war das Rad nur noch durch das innere Lager und die Bremszange geführt worden, was zu den Symptomen
geführt hatte. Mit viel
Glück hatten wir es immerhin bis hierhin
geschafft und da wir die notwendigen Ersatzteile an Bord hatten, war der Schaden nach 2 ½ h behoben.
Damit hatten wir das erste, wirklich ernsthafte Problem am Landcruiser in den beinahe 2 Jahren, die wir bis dahin unterwegs waren. Auf fast 90‘000 gefahrenen Kilometern waren wir
noch nie hängengeblieben. Ausser ein paar
unbedeutenden Kleinigkeiten hatten wir bis zu diesem Zeitpunkt nur Servicearbeiten auszuführen. Wir waren einmal mehr froh, mit
einem robusten, zuverlässigen Landcruiser unterwegs zu sein
und wir hoffen, dass er uns auch in Zukunft nicht im Stich lassen wird.
Durch die Reparaturarbeiten wurde es recht spät, bis wir weiterfahren konnten. Da es in der Stadt selber keine gescheiten Übernachtungsmöglichkeiten gab, schlugen uns die Leute in der Garage vor, in den Cañon del Atuel hinauszufahren. Nach gut einer halben Stunde erreichten wir die Schlucht und fanden in einem Camping Municipal einen Stellplatz. Da es bereits dunkel war, als wir abends ankamen, hatten wir gar nicht gemerkt, in welch wunderschönen Landschaft wir gelandet waren. Wir standen unter herrlichen Bäumen, direkt am Fluss, der eingebettet war in rot leuchtende Felsbänder. Wir fuhren weiter in den Canyon hinein, hoch bis zum Stausee. Als wir sahen, dass dieser kaum Wasser enthielt, wunderten wir uns nicht mehr, dass der Fluss durch die Schlucht kaum mehr als ein Rinnsal war. Auch das Wasserkraftwerk, an dem wir vorbeikamen, schien schon seit längerer Zeit nicht mehr in Betrieb zu sein.
Auf Grund von entsprechenden Informationen waren wir überzeugt, dass bei unserer Ankunft in Mendoza die Festivitäten um das jährliche Weinfest noch in vollem Gange wären. Leider stellte es sich aber heraus, dass wir den fantastischen Umzug durch die Strassen der Stadt um wenige Stunden verpasst hatten. Immerhin sahen wir im Vorbeifahren noch einige der teilnehmenden Gauchos in Festtagstracht und ihre Frauen, ebenfalls zu Pferd und in wunderschönen Kleidern, die sich auf den Heimweg machten. Trotz allem genossen wir unseren Ruhetag im Camping Suizo, insbesondere weil wir dort wieder einmal Karlheinz und seine kolumbianische Hündin Lisi trafen.
Tags darauf hatten wir Gelegenheit, mit dem Campingbesitzer in die Stadt zu fahren und uns das Zentrum von Mendoza anzuschauen. Die Mitten im bekanntesten Weinanbaugebiet von Argentinien liegende Stadt überraschte uns vor allem mit den vielen schattenspendenden Bäumen entlang der Strassen, welche auch an heissen Tagen für angenehme Temperaturen sorgen. Von der Dachterrasse des Centro Civico, einem modernen Bürogebäude, hatten wir einen fantastischen Ausblick über die Stadt und die Bergkette der Anden. Auch von oben gesehen war auffallend, wie viele Grünflächen in der ganzen Stadt vorhanden waren. Nach einer längeren Busfahrt waren wir zurück im Campingplatz, wo wir bei einem feinen Apéro im Schatten der Bäume den Nachmittag ausklingen liessen. Am Abend bereitete Ueli ein wunderbares Rindsfilet auf dem Grill zu. Die 1½ kg Fleisch waren mehr als ausreichend für uns und auch unser Gast, Karlheinz, wurde satt.
Nach einigen Stunden Fahrt durch eine flache Landschaft, welche anfangs riesige Weinanbaugebiete umfasste und allmählich in Buschland ohne Zeichen von Zivilisation überging, erreichten wir den Nationalpark Sierra de las Quijadas. Der seit 1991 bestehende Park ist vor allem unter Paläontologen für seine Fossilien und Dinosaurierspuren bekannt. Wir hatten bei Edgardo in einem Buch über Argentinien Bilder dieses Nationalparks gesehen und beschlossen, hier einen Zwischenstopp einzulegen.
Auf einer Piste konnten wir einige Kilometer in den Park hineinfahren und von dort aus ein paar kurze Wanderungen unternehmen. Diese führten zu verschiedenen Aussichtspunkten, von wo die eindrücklichen Felsformationen, welche die Landschaft bestimmten, gut zu sehen waren. Weiterführende Wanderungen waren leider nur mit einem Führer möglich. Uns blieb der Park vor allem in Erinnerung, weil wir hier drei für uns neue Tierarten vor die Linse bekamen. Zuerst trafen wir auf einer der Wanderungen auf ein unglaublich gut getarntes Stabinsekt mit einem Jungen. Myrta hätte das Tier nie entdeckt, wenn dieses sich nicht zufällig bewegt hätte. Die geniale Tarnung liess das Insekt aussehen wie ein dünnes Ästchen, das auf dem Boden liegt, nur bei genauem Hinsehen waren die feinen Beine und der Kopf zu erkennen. Auf dem Weg zum Campingplatz entdeckten wir drei Maras oder Pampashasen, die in der Gegend offenbar recht verbreitet waren. Die possierlichen Tiere waren etwa so gross wie ein kleiner Hund und erinnerten sitzend an einen Hasen, im Gehen jedoch eher an ein kleines Reh. Als wir uns im Campingplatz eingerichtet hatten, stolperte Ueli beinahe über eine Klapperschlange. Obwohl wir schon in vielen Gegenden unterwegs gewesen waren, wo diese Schlangen heimisch sind, war dies die erste, die wir auf unserer Reise zu Gesicht bekamen. Erst versteckte sie sich in den Büschen, schlich dann aber unerwartet und gar nicht scheu unter unserem Auto durch, bevor sie wieder im Gebüsch verschwand. Im Gespräch mit dem Guardaparque stellte sich heraus, dass unsere Entdeckung alles andere als alltäglich war, er selber hatte jedenfalls in diesem Park noch keine gesehen.
Bei Merlo, einer quirligen Stadt voller Touristen, stieg die Teerstrasse über 1300 Höhenmeter hoch zu einem Pass. Oben angekommen, hatten wir einen herrlichen Ausblick hinunter auf die riesige Ebene, die wir zuvor durchquert hatten. Nach der Passhöhe ging die Strasse in eine schmale Piste über, die Richtung La Cruz führte. Die kurvige Route durch eine karge Hochebene glich einer Achterbahnfahrt und wir benötigten für die 70 Kilometer bis zu einem Stausee fast drei Stunden. Wir wurden jedoch auf der rumpligen Fahrt durch weitgehend unberührte Landschaften mit herrlichen Weitblicken entschädigt. Am Stausee fanden wir einen wunderschönen Stellplatz direkt am Wasser. Unzählige Vogelarten bevölkerten das Ufer und liessen sich aus nächster Nähe beobachten. Wir verbrachten einen wunderbar ruhigen Abend inmitten der Natur, umgeben vom Geschnatter und Gekrächze der vielen Vögel.
Mitten in der Sierra Cordoba haben sich europäische Auswanderer hier ein Paradies erschaffen. Seit die erste Generation um 1934 angekommen war, wurden in der kargen Berglandschaft tausende von Bäumen angepflanzt und nach und nach eine Siedlung erbaut. Neuankömmlinge wurden verpflichtet, ihre Häuser in europäischer Architektur zu errichten. Dadurch prägen heute Gebäude im Stil von Chalets oder Riegelhäuser das ganze Dorfbild und ein dichter Wald mit unzähligen Baumarten wächst in der Umgebung. Zudem durchströmt ein klarer Bergbach den kleinen Ort und mehrere Wanderwege führen durch den schattigen Wald. Im auf Ökotourismus ausgerichteten La Cumbrecita haben sich viele ebenfalls im europäischen Stil erbaute Restaurants, Souvenirläden, Kleinbrauereien und Hotels angesiedelt. Die Argentinier scheinen grossen Gefallen an dieser für sie exotischen Welt zu haben, denn sogar ausserhalb der Saison und an einem Werktag waren hunderte von Besuchern unterwegs. Jedenfalls waren sämtliche Parkplätze belegt, als wir im Laufe des Nachmittags wieder wegfuhren.
Die Kleinstadt mit etwa 6000 Einwohnern ist ein beliebtes Touristenziel. Noch heute leben vorwiegend ehemalige Einwanderer oder deren Nachkommen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz oder Norditalien im Ort. Dementsprechend ist das Angebot in den Restaurants und Souvenirläden sehr europäisch, wenn auch mehr oder weniger dem Geschmack der Argentinier angepasst. Auch die Architektur und die Namen der Lokale erinnern stark an den deutschsprachigen Raum in Europa. Vor allem beliebt bei der einheimischen Bevölkerung sind die hier veranstalteten Feste, wie das Bierfest oder Oktoberfest, das Wiener Tortenfest oder das Schokoladenfest, die Massen von Menschen aus ganz Argentinien anlocken.
Wie immer liessen wir unseren Camper ausserhalb der Stadt, in Villa Gen. Belgrano zurück und fuhren mit dem Bus ins Zentrum von Cordoba. Die Besitzerin des Campingplatzes hatte uns zwar gewarnt, dass am Sonntag die Stadt ziemlich ausgestorben sei. Da wir jedoch nicht vorhatten, eine Shoppingtour zu unternehmen, sondern einfach die Sehenswürdigkeiten zu besuchen, liessen wir uns nicht abhalten. Schliesslich mussten wir aber feststellen, dass nicht nur die Geschäfte, sondern wirklich alles, auch Restaurants, geschlossen und die Strassen praktisch menschenleer waren. Zudem war die Fussgängerzone durch eine riesige Baustelle versperrt, was den Eindruck der eher ungepflegt wirkenden Stadt nicht zum Positiven änderte. Nach knapp zwei Stunden Spaziergang hatten wir jedenfalls genug gesehen und bestiegen den nächsten Bus Richtung Villa Gen. Belgrano.
Ein Ortsname, der wohl den wenigsten Reisenden oder Touristen in Argentinien ein Begriff ist. Auch wir hatten noch nie von dieser Stadt gehört, bevor wir die Familie Cabrera im Tierra del Fuego Nationalpark kennengelernt hatten. Sie waren in ihren Ferien mit dem selbstausgebauten Wohnmobil unterwegs und bis ins 3000 km entfernte Patagonien gefahren. Wir verstanden uns damals mit Silvio, Vanesa und ihren Kindern auf Anhieb sehr gut. Als wir nun auf dem Weg Richtung Brasilien in ihrer Nähe vorbeikamen, meldeten wir uns wie abgemacht bei ihnen und sie luden uns ein, ein paar Tage mit ihnen zu verbringen. Sie bewohnen in der mittelgrossen Stadt Cañada de Gomez ein kleines Haus, das sie grosszügigerweise mit uns teilten, indem sie kurzerhand die Kinder in der Nachbarschaft bei Tante und Onkel einquartierten und so für uns ein Zimmer freimachten.
Was wir in den folgenden Tagen in der Obhut der Cabreras erleben durften, war ein weiteres, unglaubliches Beispiel der argentinischen Gastfreundschaft. Bald waren wir und unser Auto in der ganzen Nachbarschaft bekannt, nicht zuletzt auch weil Silvio und sein Freund Juan Carlos uns mit den Medien in Verbindung brachten. An einem der Vormittage wurden wir vom Lokalradio zu einem Live Interview eingeladen, das, wie wir aus den Reaktionen merkten, von vielen Leuten mitverfolgt wurde. Am selben Tag kam eine Reporterin einer kleinen, lokalen Fernsehstation vorbei, um eine kurze Sendung mit uns aufzuzeichnen. Zum Schluss fuhren wir zusammen mit Santiago, einem Jugendfreund von Silvio, in die Felder hinaus und drehten eine Reportage über uns und unsere Reise. Santiago ist Produzent einer eigenen, schon mehrfach preisgekrönten Fernsehsendung, welche über so ziemlich alles berichtet was mit Abenteuer, Reisen und Motorsport zu tun hat und auf nationaler Ebene ausgestrahlt wird. Am Ende wurde der Dreh selber nicht nur für uns zu einem kleinen Abenteuer, denn auf der Fahrt durch die staubigen Feldwege hatte ein grosser Stein die Ölwanne an Santiagos Auto aufgerissen. Er liess sich dadurch aber nicht von seinem Vorhaben abbringen, sondern drehte in aller Ruhe die geplanten Szenen mit uns. Als alles im Kasten war, hängten wir seinen defekten Wagen an den Landcruiser und schleppten ihn zu seinem Haus.
Vanesas Onkel Omar hatte uns bei einem gemeinsamen Nachtessen zwei seiner selbst in Handarbeit hergestellten Messer gezeigt. Wir waren total begeistert von diesen wunderschönen Messern und wollten uns die Herstellung gerne etwas genauer ansehen. Omar lud uns in seine kleine Werkstatt ein und erklärte uns, wie er von überall her sein Rohmaterial wie Holz, Horn oder Knochen für die Griffe und Stahl aus den unterschiedlichsten Quellen, zum Beispiel alte Macheten, verbrauchte Stahlscheiben von Landwirtschaftsmaschinen oder alte Messerklingen, zusammenträgt. Aus all diesen Materialien fertigt er mit einfachen Werkzeugen, mit viel Geschickt und Passion neue Messer in allen Grössen und für verschiedenste Verwendungszwecke. Er hatte sich diesem Handwerk verschrieben, nachdem er bei einem Unfall ein Bein verloren hatte und danach seiner damaligen Arbeit nicht mehr nachgehen konnte. Dass er seine Beschäftigung mit Herzblut betreibt, wurde uns spätestens bewusst, als er uns seine Messersammlung zeigte und zu jedem Stück eine Geschichte zu erzählen wusste. Als er uns berichtete, wie er das erste Mal eine Klinge aus Damast Stahl zu sehen bekam, hatte er Tränen der Rührung in den Augen. Zwei seiner kostbaren Schmuckstücke, die er uns schenkte, zieren mittlerweile unsere Küche und erinnern uns an diesen herzensguten und liebenswerten Menschen.
Die Frau von Omar, Elida, betreibt direkt neben dem Haus unserer Gastgeber einen kleinen Quartierladen. Wir staunten nicht nur immer wieder darüber, was es in diesem Tante Emmaladen alles zu kaufen gab, sondern auch wie viele Kunden tagtäglich ihre Einkäufe in dieser Tienda erledigten. Das Angebot deckte sämtliche Bedürfnisse des Alltags ab und was nicht vorrätig war, konnte Elida innert kürzester Zeit besorgen.
Juan Carlos, der Freund von Silvio lud uns in sein Haus ein und zeigte uns voller Stolz sein selbstgebautes Wohnmobil, basierend auf einem 54-jährigen Mercedes Überlandbus. Mit viel Geschick und Liebe zum Detail hatte er das riesige Ding um- und ausgebaut. Wenn er mit seiner Familie damit auf Tour geht, scheut er, wie er freudig erzählte, nicht davor zurück, mit dem Schmuckstück auch raue Pisten zu fahren, zwar langsam wie er sagte, aber ohne Angst etwas kaputt zu machen.
Früh morgens, wenn Myrta noch schlief, begleitete Ueli Silvio zu seiner Werkstatt. Bevor er diese um acht Uhr öffnete, gönnte er sich einen Kaffee in einer der Bars im Stadtzentrum, einem Treffpunkt, den viele Leute vor der Arbeit besuchten. Silvios Freunde zeigten reges Interesse an uns und unserer Reise und nachdem wir in den lokalen Medien vorgestellt worden waren, wurde sogar unsere Tortuga erkannt, wenn wir durch die Stadt fuhren. Es war ein wunderschönes Erlebnis zu sehen, wie die Menschen hier in der Provinz miteinander leben. Man kennt sich, man lädt sich gegenseitig zum Essen ein und vor allem, man nimmt sich viel Zeit miteinander zu reden.
Es ist sicher so, dass Cañada de Gomez dem Reisenden nicht allzu viel zu bieten hat. Hat man aber nur einen Freund dort, wird man von der Stadt und seinen Bewohnern herzlich und mit offenen Armen empfangen. Wir erlebten viele Beispiele dieser Gastfreundschaft, unter anderem in einem Schmuckgeschäft, das Ueli auf Empfehlung von Silvio aufsuchte, um seine Kette reparieren zu lassen. Wie sich herausstellte, war der Inhaber ein Schweizer Auswanderer in dritter Generation, dessen Familie, wie noch einige andere im Ort, ursprünglich aus Mendrisio im Tessin stammte. Er freute sich, Reisende aus seinem alten Heimatland kennenzulernen und erliess uns die Reparaturkosten als Regalo de un Cañadanense. Ein anderes Mal mussten wir unseren Trinkwasservorrat auffüllen. Auch hier wollte die Besitzerin kein Geld von uns, sie wünschte sich lediglich, unseren Camper zu besichtigen und unsere Geschichte zu hören.
Hund Manchita und Katze Marco unserer Freunde, zwei wahre Spielkamaraden
Hier der Link zur Reportage welche wir mit Santiago Taverna für seine Fernsehsendung "Sala de Maquinas 360°"gemacht haben
Unsere Freunde, die Familie Cabrera, begleitete uns bis nach Victoria, einer Kleinstadt im Delta des Rio Parana, welche über eine Brücke mit der Grossstadt Rosario verbunden ist. In einem der vielen Restaurants, die vor allem die schmackhaften Fische aus dem Fluss, wie Dorados, Surubi oder Pacu anboten, genossen wir die letzten Stunden mit unseren Gastgebern.
Den eher unbekannten Predelta Nationalpark besuchten wir vor allem, weil wir dort auf unserer Weiterfahrt eine Übernachtungsmöglichkeit fanden. Der Park, an einem Seitenarm des Rio Parana gelegen, ist nur an einem Punkt auf der Strasse zugänglich, der Besuch der übrigen Regionen dieser Flusslandschaft ist nur mit dem Boot möglich. Nach den vielen, für Ausländer oft sehr teuren Nationalparks, waren wir positiv überrascht, dass wir hier weder für den Eintritt noch für das Campieren bezahlen mussten.
Nachdem wir uns eingerichtet hatten, blieb noch genügend Zeit für eine kurze Wanderung durch die von Feuchtwiesen, Sümpfen und Erlenwäldern dominierte Deltalandschaft. Viele Tagesbesucher nutzten das herrliche Wetter für ein Picknick am Fluss oder einen Spaziergang. Der Parkranger hatte uns bei der Ankunft jedoch prophezeit, dass wir wohl die einzigen Gäste wären, die über Nacht blieben. Tatsächlich waren bis kurz vor Sonnenuntergang sämtliche Besucher verschwunden und wir genossen eine sehr ruhige Nacht, nur begleitet von gelegentlichen Rufen der nachtaktiven Tiere. Als es ruhig geworden war, konnten wir zu unserer grossen Freude am Waldrand, ganz in unserer Nähe, zum ersten Mal ein Capybara oder Wasserschwein beobachten. Die ausschliesslich in Südamerika vorkommenden Tiere zählen zu der Familie der Meerschweinchen und sind das grösste, heute lebende Nagetier der Erde. Capybaras können bis zu einem Meter lang und über 70kg schwer werden. Sie leben im und am Wasser und ernähren sich hauptsächlich von Gräsern und Wasserpflanzen.
Dieser 13’000 km2 grosse Nationalpark ist ein kompliziertes Gebilde von mehreren, einzelnen Parks und privaten Naturreservaten, die in Zukunft zu einer Einheit zusammengelegt werden sollen. Der Zugang zu diesem, nach dem Pantanal in Brasilien zweitgrössten Feuchtgebiet der Erde ist nur an wenigen Punkten möglich. Wir entschieden uns, beim weniger bekannten Parque San Nicolas, auf der Nordwestseite des Gebietes, reinzufahren. Von der Kleinstadt San Miguel aus führte eine etwa 30 km lange Sandpiste in die topfebene Landschaft hinaus, erst durch Landwirtschaftsgebiet und Nutzwälder, wo vor allem Föhrenharz gewonnen wurde, danach durch immer naturbelassenere Gegenden. Beim Hineinfahren begann es wie aus Kübeln zu regnen und wir waren froh, dass die auf einem Damm angelegte Piste sandig und nicht lehmig war. Das in den tiefen Fahrrinnen gesammelte Wasser spritzte zu beiden Seiten bis über die Fenster hoch und die Scheibenwischer liefen auf Hochtouren. Zwei Krokodile und zahlreiche Capybaras, welche die Fahrspur als Liegeplatz nutzten, mussten uns Platz machen, damit wir vorbeifahren konnten.
Als wir den angepeilten Campingplatz erreichten, stellte sich heraus, dass dieser Teil des Nationalparks ein weiterer, von Douglas Tompkins, dem North Face Gründer, errichtetes Schutzgebiet war. Die Gebäude und die Anlage des Campingplatzes wiesen die gleichen, gediegenen Merkmale auf wie die bereits besuchten Einrichtungen, die auf Tompkins zurückgingen. Wie uns die Parkranger erklärten, war dieses Gebiet der Esteros del Ibera erst vor gut einem Jahr von der Tompkins Stiftung an die Argentinische Nationalpark Administration übergeben worden.
Der nächste Morgen überraschte uns mit strahlend blauem Himmel und einem angenehm kühlenden Wind, was der Landschaft ein völlig anderes Bild bescherte. Wir nutzten die Gelegenheit für eine erste Wanderung durch die nähere Umgebung. Ein grasbewachsener Weg führte durch die flache Landschaft, vorbei an Waldinseln und kleinen Teichen. Durch die starken Regenfälle am Vortag stand der Weg oft bis knietief unter Wasser. Dank dem warmen Wetter und mit unseren Teva Sandalen ausgerüstet, machte uns das Waten durch die überschwemmten Zonen richtiggehend Spass.
Nachmittags fuhren wir die sieben Kilometer hinaus zum Puerto Carambola, an einer grossen Lagune gelegen. Schon die Fahrt dorthin war ein grossartiges Erlebnis. Kaum hatten wir das Camp verlassen, konnten wir Kaimane beobachten, welche ein totes Capybara ins Wasser zerrten. Wie es aussah und wie uns später die Guardaparque bestätigten, war das Tier aber eher an Altersschwäche gestorben als einem Krokodilangriff zum Opfer gefallen. Die hier vorkommenden, relativ kleinen Kaimane könnten höchstens für ganz junge Capybaras zur Gefahr werden. Auf dem Weg zur Lagune begegneten wir hunderten von Wasserschweinen, die sich oft nur widerwillig bequemten, unserem Auto Platz zu machen. Unzählige Vogelarten bevölkerten die Sümpfe und Grasinseln und sogar ein paar Venados de las Pampas, scheue und selten gewordene Sumpfhirsche, bekamen wir zu Gesicht. Am Ende der Piste angelangt, legten wir eine längere Pause ein und genossen es, an der Sonne zu sitzen und den Tieren zuzuschauen. Vor allem die Capybaras zeigten sich gar nicht scheu, näherten sich uns bis auf wenige Meter und hatten offensichtlich grosses Interesse an unserem Landcruiser.
Auf dem Rückweg legten wir einen Halt ein, um eine weitere, der ausgeschilderten Wanderungen zu einem Teich zu unternehmen. Auch hier zeigten sich viele verschiedene Wasservögel, sogar ein Eisvogel liess sich bei seinen Tauchgängen nicht stören.
Ein weiterer Zugang zum Herzen des Nationalparks bot das Portal Cambyretá, welches ebenfalls nur über eine 30 km lange Sandpiste zu erreichen war. Auch dieser Teil gehörte ursprünglich den Tompkins. Der wunderschön angelegte Campingplatz war für uns leider nutzlos, denn die Zugangspiste führt über Privatland, deren Besitzer durchgesetzt hatten, dass nur Tagesbesucher ihre Strassen nutzen dürfen. Das bedeutet, dass der bestens ausgebaute Campingplatz in den drei Jahren seit Bestehen noch nie zum Übernachten genutzt werden konnte.
Das hiess für uns, dass wir die Wanderung durch die Umgebung und die Fahrt ans Ende der Piste machen durften, den Park danach jedoch wieder verlassen mussten. Dafür bot uns der Aufenthalt in diesem Teil des Parks einige aussergewöhnliche Tierbegegnungen. Während der Fahrt hatten wir das riesige Glück, eine Anakonda zu sehen. Mit etwa 2.5 Metern Länge war sie zwar noch klein, aber trotzdem bereits ein eindrückliches Tier. Wir stiegen aus dem Auto aus, um genauer zu beobachten wie sie gemütlich die Piste überquerte und elegant im Wasser des nahen Teiches verschwand. Daneben begegneten wir auch hier Krokodilen und erneut vielen verschiedenen Vögeln und Capybaras. Wir fühlten uns wie in einem Zoo, einfach ohne Käfig und Zäune. Es schien der Tag der Schlangen für uns zu sein, denn auf dem Rundweg durch eine der Waldinseln, entdeckte Ueli, der einen höllischen Respekt vor diesen Reptilien hat, eine Baumschlange. Das elegante, schlanke, wunderschön gefärbte Tier verharrte auf einem Ast, genau auf Kopfhöhe über dem Weg, den wir nehmen mussten. Zum Glück trat es nach kurzer Zeit den Rückzug an und gab den Durchgang frei.
Da uns, wie bereits erwähnt, der wunderschöne Campingplatz Monte Rey nicht zur Verfügung stand, mussten wir den Park für die Nacht verlassen. Am Rio Parana kamen wir schliesslich in einem privaten Camping unter. Diese, bereits etwas in die Jahre gekommene Einrichtung war zwar nicht speziell schön, lag aber direkt über dem Fluss. Zudem bekamen wir wieder mal interessante, tierische Nachbarn. In der Dunkelheit machte sich eine fette Kröte das Kunstlicht zu Nutzen und jagte erfolgreich Insekten und am folgenden Morgen konnten wir Affen beobachten, die in den Bäumen über uns turnten.
Ein Video zeigt die Vielfalt an Tieren und das Leben der Capybara, einer wasserliebenden Art Riesenmeerschwein in der Sumpflandschaft des Iberá Nationalparks
Am Rande des gleichnamigen Dorfes besuchten wir die Ruinen der grössten Jesuitenmission dieser Gegend. Die gegen Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts errichteten Gebäude waren teilweise gut erhalten und liessen die beeindruckenden Ausmasse der Anlage erkennen. Zur Blütezeit sollen bis zu 8000 Einwohner, bestehend aus Missionaren und einheimischen Guarani, die bekehrt werden sollten, in der Mission gelebt haben. Nachdem im Jahr 1767 die Jesuiten von den Spaniern aus Südamerika vertrieben wurden, verliessen auch die Indios den Ort und die Stadt blieb unbewohnt.
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Wildi Ursula (Samstag, 24 März 2018 11:14)
Die Natur ist schon etwas wunderbares. Geniesst es noch. Wie lange seit ihr noch unterwegs ?
Reto Huber (Sonntag, 25 März 2018 19:07)
Ich Danke euch für die immer Super Berichte und die Fotos. Schön euch zu kennen